A New Years Night Concert, Teil IV, (Constanze) – Die Kräfte der Sonne

(Ja hallo zusammen!

Für den letzten Teil habe ich jetzt tatsächlich nur 2,5 Tage gebraucht. Ich habe auch den Bogen bekommen, so wie ich ihn vor Augen hatte, aber die Länge für die Entwicklung dieser Gedankengänge habe ich dabei nicht im Griff. Es sind also 5 Teile geworden, dieser ist der vorletzte. Den letzten schiebe ich dann übermorgen hinterher. Damit habe ich für diese ganze Geschichte 22 Tage gebraucht, das ist eigentlich keine schlechte Zeit. Aber wie ich schon sagte, Neujahr ist vorbei, da habe ich zwangsläufig das Nachsehen… Ihr müsst euch also bitte noch einmal zurück fühlen.

Ich habe auch Gedanken aufgegriffen, die in den Posts dazwischen schon angeklungen sind. Das zeigt euch, dass ich diese ganze Entwicklung auch so vor Augen hatte, aber es sind dann doch zwei Paar Schuhe, es grob vor sich sehen und es dann auch schriftlich zu entwickeln. Ich will euch ja keinen Bären aufbinden 🙂 … Und diese Geschichte ist damit erst einmal beendet. Meine Geschichten haben kein wirkliches Ende, das Leben geht ja auch immer weiter.

Eines wollte ich euch noch dazu sagen. Es hat beim Schreiben schon einen gewaltigen Einfluss auf mich, ob ich es nur für mich tue oder auch für euch. Das hätte ich vor Eröffnung dieses Blogs nicht gedacht. Die Geschichten sind also quasi mit eurer Hilfe bzw. Unterstützung entstanden, und dafür danke ich euch allen!

Und noch eines, bei der Ausführung der astronomischen Vorgänge übernehme ich keine Garantie. Ich hoffe, es stimmt so alles…

Viel Spaß beim Lesen!)

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Der nächste Morgen fand beide eng umschlungen vor. Matt war kein Freund von „aus dem Bett geschubst werden“, wenn er das vermeiden konnte,  und zudem war der heutige Morgen der erste Tag des Neuen Jahres, also ein Feiertag, Neujahr. Er konnte heute Vormittag alles langsam und entspannt angehen lassen und tat das auch. Er wartete, bis Constanze von alleine die Augen aufschlug. Sie hatte sich mit dem Rücken zu ihm gedreht im Schlaf und ganz fest an ihn gedrängt, und er genoss ihre vertrauensvolle Wärme und die Weichheit ihres Körpers, selbst im Schlaf drückte sie noch dieses Vertrauen aus, das sie zu ihm gefasst hatte. Er umschlang sie mit beiden Armen und sah in das flirrende Wintersonnenlicht. Die Sonne erinnerte ihn an so manches, und gleichzeitig war ihm klar, dass Constanze noch lange nicht an dem Punkt war, an dem er sie gerne sehen wollte. Bilder von gestern Nacht zogen an seinem inneren Auge vorbei, er ließ sie einfach zu, ohne sie ordnen oder korrigieren zu wollen. Er wusste, sein Unterbewusstes arbeitete so, ihm würde so klar werden, wie er weiter mit ihr verfahren wollen würde.

Er dachte frei schwebend an alles und gar nichts, er sah nur in den blauen Himmel und das Sonnenlicht, bis er merkte, dass sie sich zu regen begann. Als er dann auf sie herunter sah, wusste er auch, was er jetzt tun würde.

Sie drehte sich sehr vertraut noch enger gegen ihn, so dass sie ihren Kopf zu ihm wenden und ihm einen sanften Kuss geben konnte. Dabei sah sie ihm verschlafen und sehr glücklich in die Augen.

„Es ist wirklich ein Jammer, dass man sich mit dir so überhaupt nicht amüsieren kann!“, meinte sie lächelnd zu ihm und zwinkerte ihm dabei zu. „Du hast ja überhaupt keinen Sinn für Humor!“

Matt musste leise lachen. Er liebte diese Art von sarkastischem Humor  an einer Frau, gerade am Morgen danach. Das zeigte ihm, dass Constanze ihn nicht so permanent ernst nahm, und damit fühlte er sich ausgesprochen wohl, das liebte er. Er war ganz sicher von seiner Persönlichkeit her dominant, aber er war noch lange kein Despot, er sagte bei weitem nicht immer so etwas wie, alles hört auf mein Kommando. Wenn er das dann aber sagte, dann meinte er es wirklich auch so. Man musste ihn eben kennen, um das unterscheiden zu können, und ihm war von sich selbst auch klar, dass er es den Menschen, denen er begegnete, oft nicht so sehr einfach machte.

Aber was war im Leben schon einfach?? Matt musste wieder lächeln. Er liebte die Spannung, die seine Verschlossenheit oft mit sich brachte. Constanze stichelte etwas, Matt sah ihr den Schalk in den Augen stehen, sie fühlte sich entspannt und überglücklich, sie neckte ihn ein wenig, harmlos und lustig. Er lächelte ihr in die Augen. Sie erwartete eine entspannte, vertraute Atmosphäre, so war eine Frau wie sie es sicherlich gewöhnt nach einem solchen Vorfall. Fürsorge und Zuvorkommenheit. Er würde so einige romantische Vorstellungen und Erwartungen an ihn in ihr zerstören müssen, damit er sie überhaupt vor eine Wahl stellen konnte. Die Wahl, wie sie ihr Leben weiter leben wollte. Matt war klar, sie suchte einen Neuanfang, und er hatte gestern viel in ihr sehen können. So erkannte er lange nicht jede Frau. Also würde er heute damit beginnen, es zu versuchen, das aufzudecken, was tief in ihr schlummern musste.

„Du meinst den Käfig, Kleines?“, harkte er sanft und gespielt gutmütig nach. Diese harmlos gestellte Frage baute sofort wieder eine gewisse Spannung zwischen ihnen auf. Die liebte er, gerade am Anfang, aber auch während einer Beziehung immer wieder. Er suchte solche Situationen deswegen auch mit den Frauen, die zu ihm gehörten. Das bedeutete für alle seine Frauen, dass sie bei ihm immer mit entsprechenden Überraschungen rechnen mussten, und das wiederum hieß, dass ihm an einer Frau mit einer schwachen Persönlichkeit nicht gelegen sein konnte. Er stellte seine Frauen auf den Prüfstand. Am härtesten hatte er Nina, seine Sklavin, geprüft, aber genau deswegen war sie nun seine Sklavin und er ihr Herr. Er nahm die Verantwortung, die damit für ihn verbunden war, sehr ernst, und Nina konnte darauf vertrauen. Und als er Nina nach dieser ersten Phase vor die Wahl gestellt hatte, war sie nicht mehr von ihm zu trennen gewesen. Er machte ganz sicher keine seiner Frauen unglücklich. Er nahm sie nur dauerhaft zu sich, wenn ihm auch ganz klar geworden war, dass sie das auch selber wollten. Auch Nina war nicht gegen ihren Willen oder mit einer Art Hassliebe bei ihm, auch wenn sie einen völlig anderen Anfang mit ihm erlebt hatte. Wieder lächelte er. Die Würze in seinem Leben mit seinen Frauen machte gerade diese Abwechslung, er wollte nicht anders leben.

Was nun Constanze anging, wollte er sich ihrer zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht immer und zu jeder Zeit zu einhundert Prozent sicher sein können. So, wie für ihn im Moment die Dinge standen, würde das auf Dauer sein Interesse an ihr deutlich verringern, das wusste er. Wenn sie versuchen würde, es ihm permanent Recht zu machen, würde sie auf Dauer damit bei ihm eher das Gegenteil erreichen. Er hatte aber auch nicht vor, Constanze ihrem Leben zu entreißen. Jede Beziehung hatte ihren eigenen Reiz, die zu seinen beiden Frauen hier im Haus war jeweils eine ganz andere, als die zu Constanze es werden würde. Aber so weit war er mit Constanze auch noch nicht, dass er überhaupt an eine feste Beziehung dachte. Das hing jetzt auch entscheidend von ihr selbst ab.

Im jetzigen Stadium konnte sie noch gehen, noch hatte sie von ihm quasi nichts gesehen. Das würde sich entscheidend ändern, wenn sie tatsächlich mehr vom ihm zu wissen bekommen würde. Dann würde sie erst wieder gehen können, wenn er sich ganz sicher sein konnte, dass sie seine Geheimnisse bewahrte. Er war beileibe kein Superheldentyp, der sein normales Leben schützte, aber in dieser Sache verhielt er sich irgendwie doch ähnlich.

Er grinste. Er liebte Batman seit seiner Kindheit, vielleicht hatte dieser düstere Superheld seine Entwicklung sogar beeinflusst. Was ganz sicher war, war, dass er gerne die Fahr- und Flugzeuge von Batman hätte, das Batmobil, das Batpod, den Tumbler, das Batwing. Batman konnte selber fliegen, zumindest gleiten, hatte jede Menge körperliche Fähigkeiten, und trotzdem schien er Fahrzeuge zu lieben. Das sah Matt ähnlich wie Bruce Wayne, was Bruce allerdings an Schulterpolstern nicht brauchte, brauchte er selbst nicht an Stimmenverstärkern. Matts Grinsen vertiefte sich, das war wohl die verspielte Seite an ihm.

Constanze erwiderte sein Grinsen schelmisch und verschlafen lächelnd. „Du hat mir eine unglaubliche Angst damit gemacht“, antwortete sie ihm und schloss dabei ihre Augen wieder, „und dann war der Gedanke an dich plötzlich wunderbar, wie die einzige Rettung aus meiner ganzen Misere.“ Matt hatte keine Ahnung, was sie mit „ihrer Misere“ wohl meinen könnte, sie machte ihn neugierig, schon wieder, aber er harkte noch nicht nach.

Er küsste sie nur nacheinander auf beide Augenlider, eine zärtliche und liebevolle Geste. Sie lächelte wieder, strahlend und doch noch sehr müde. Der vergangene Tag war für sie ja auch wirklich anstrengend gewesen, er musste ihr noch in den Knochen stecken. „Soll ich dir erzählen, was ein wirklich wunderbarer Gedanke ist?“, fragte er sie lächelnd. Sie nickte nur, kuschelte sich ganz fest in ihn hinein und presste ihren grazilen Rücken fest an seinen Leib, ließ ihren Hinterkopf in seine Achsel sinken, so dass ihr Gesicht zu ihm aufgerichtet blieb. Eine Geschichte schien für sie im Moment genau das Richtige zu sein, aber ihr schien nicht danach zu sein, ihm das auch wörtlich mitzuteilen. Matt sah ihr lächelnd ins entspannte Gesicht  mit den geschlossenen Augen, dann irrte sein Blick ab in den Sonnenschein, der in die riesigen Fenster flutete.

**

„Licht bedeutet Leben“, hob er leise an. „Diese Weisheit kennt jedes Kind. Aber wer weiß schon, was es damit wirklich auf sich hat?“ Er unterbrach sich und lächelte Constanze an. Sie schwieg nur und hörte ihm aufmerksam zu. Er küsste ihre entspannten Züge mit leichten Küssen, fuhr den Linien ihres Kinns nach, wartete auf eine Antwort, aber ihr war weiter einfach danach, ihn nicht in ihre Gedanken mit einzubeziehen. Damit tat sie genau das Gegenteil von dem, was sie gestern Nacht so dringend gewollt hatte, sich ihm umfassend mitteilen. Er musste wieder lächeln, sie wirkte auf ihn in diesem Moment ein wenig geheimnisvoll, mysteriös, das war etwas, das den meisten Frauen schlichtweg fehlte. Ihm gefiel es im Moment sehr, er fand die schöne Frau einfach reizend. Also sprach er unaufgefordert weiter.

„Unsere Sonne ist nicht besonders groß, auch, wenn unser Planet ungefähr eine Million Mal in sie hineinpassen würde“, dozierte er leise und vertraut in einem entspannten, nachdenklichen Tonfall dicht über ihrem Ohr.  „In ihr kämpfen zwei Kräfte miteinander und liegen in einem labilen Gleichgewicht, das es der Sonne erlaubt, diese Form bei zu behalten. Die Gravitation presst die Atome der Sonne zusammen und die Kräfte der Kernfusion würde sie explodieren lassen.“ Er musterte ihr entspanntes Gesicht, er wollte wissen, ob er sie für dieses Thema interessieren konnte. Sie lächelte wieder. „Diese beiden Kräfte sind also miteinander verbunden in einem Stern“, sinnierte sie leise. „So wie Gut und Böse, wie Yin und Yang. Kraft und Gegenkraft.“

„Zumindest für die Existenz unserer Sterne in unserer Galaxie ist das der Fall“, bestätigte er. Sie schien sich für dieses Thema erwärmen zu können, er erzählte es ihr also nicht umsonst. „Nun solltest du wissen, dass alle Elemente, die es im Universum gibt, aus einem einzigen aufgebaut sind: Aus Wasserstoff. Ein Proton im Kern, ein Elektron in der Schale. Kannst du mir so weit folgen?“ Constanze nickte nur.

„In der Sonne findet eine gewaltige, anhaltende Fusion von Wasserstoff zu Helium statt“, fuhr er entspannt fort und sah jetzt in das strahlend helle Sonnenlicht. „Helium besitzt zwei Protonen, entsteht also aus zwei Wasserstoffatomen. Das nennt man eine Fusion, und die dabei frei werdende Energie strahlt die Sonne auch in Form von Energie ab, also Wärmeenergie und Lichtquanten. Nun, wir befinden uns in der Lebensspanne unserer Sonne, in der sie diesen Prozess im Überfluss in sich trägt. Es entsteht in ihr also immer mehr Helium. Wenn aber ihre Lebenszeit sich dem Ende nähert, dann heißt das nichts anderes, als dass jeder Wasserstoff verbraucht ist.  Die Gravitation zwingt die Sonne aber zum weiteren Fusionieren von Atomkernen, sie ist eine unbezwingbare Kraft in unserem Universum, wenn ihr die Sonne nichts entgegen zu setzen hat. Also fusionieren dann die Heliumatome. Aus jeweils drei Heliumatomen entsteht ein Kohlenstoffatom, also sechs Protonen im Kern und sechs Elektronen. So weit mitgekommen?“ Wieder musterte er ihr entspanntes Gesicht. Sie öffnete leicht die rauchgrünen Augen, die sofort im Sonnenlicht leuchteten, und zwinkerte ihm wieder zu. „Ja, bin ich“, flüsterte sie.

Er küsste ihr entspanntes Gesicht. „Da hat jetzt nur noch die richtige Anrede gefehlt bei deiner Antwort, mein Liebes“, kommentierte er ihre Antwort mit leiser Stimme.

„Du meinst, ich hätte dich mit Herr ansprechen sollen?“, fragte sie lächelnd nach. Man hörte es ihrem leicht neckenden Tonfall an, sie sagte auch jetzt wieder genau das Gegenteil von dem, was sie eigentlich meinte.

„Ja“, antwortete er schlicht und er meinte es auch so. Wieder öffnete sie die Augen und sah in seine. Sie hielt für einen Moment seinen Blick wie eine Sphinx, ließ sich nicht anmerken, was in ihr vorging. Dann schloss sie die Augen wieder, blieb ansonsten regungslos an ihn gekuschelt liegen. Er musste grinsen, aber das sah sie nicht.

„Das Problem, das die Sonne nun hat, ist das, dass Kohlenstoff jeweils drei feste Bindungen zu einem anderen Kohlenstoffatom eingeht. Damit entsteht ein stabiles, reaktionsfreies Gitter. In der Mitte der Sonne entsteht also ein fester Kohlenstoffkern, in dem jeglicher Fusionsprozess unwiderruflich zum Stillstand gekommen ist. Die äußere Schale der Sonne bläht sich auf, und die Sonne wird zu einem Roten Riesen. Das alleine überlebt unsere Erde schon nicht mehr. Schon lange, bevor die Sonne unseren Planeten verschluckt, ist er verbrannt, die Weltmeere sind verdampft, die Temperatur ist auf mehrere hundert Grad angestiegen.“ Wieder schwieg er für einen Moment. Constanze öffnete wieder die Augen und traf seine, ihr Blick war schon wesentlich aufmerksamer, und sie schloss sie auch nicht mehr, als er nun weiter sprach.

„Aber das ist nicht das, was ich dir erzählen wollte.“ Matts Stimme war noch immer leise und ruhig, tatsächlich hatte er das Innere einer Sonne vor seinen Augen, als befände er sich darin. „Wenn dieser rote Riese, der unsere Sonne dann geworden ist, seinen größtmöglichen Umfang erreicht hat, dann sprengt die Sonne ihre äußere Schale komplett ab, in einer gewaltigen Explosion. Übrig bleibt ein Blauer Zwerg, eine Sonne so groß wie unsere Erde, nur eine Million mal heißer und gänzlich ohne Fusionsprozesse. Damit hat die Gravitation keine Gegenkraft mehr, das macht den Blauen Zwerg so klein und die Gravitation, die auf ihm herrscht, so gewaltig. Und in Inneren dieses Blauen Zwerges ist ein Kern entstanden, ein gigantischer Kohlenstoffkern. Die Kohlenstoffchemie ist sehr kompliziert, aber du weißt sicher auch, dass die stabilste Zustandsform des Kohlenstoffs die des Tetraeders ist, eine dreidimensionale Bindung, denn dann ist das Kohlenstoffatom alle seine ihm möglichen Bindungen in Form von kovalenten, also festen Bindungen eingegangen. Der Kern des Blauen Zwerges wird also ein gigantischer, lupenreiner Diamant sein, ein Diamant, der vielleicht ein Viertel der Masse des Blauen Zwergs einnimmt, ein Diamant im Himmel.“

Constanze sah ihn mit glänzenden, großen Augen an. „Das ist wirklich ein wundervoller Gedanke“, flüsterte sie. Er sah es ihren Augen an, jetzt hatte er sie gepackt.

„Nun gibt es aber noch sehr viel größere Sterne als unsere Sonne, Liebes“, fuhr er deswegen fort. „Der größte bisher entdeckte Stern ist eine Million mal größer als unsere Sonne. Diese Sterne leben heller und schneller, sie werden nicht so alt wie unsere Sonne, die gleichmäßig vor sich hin fusioniert. Und in ihr entstehen auch ganz andere Elemente, Atomkerne mit einer Vielzahl des Wasserstoffprotons. Stirbt ein so gigantischer Stern, dann beginnt sein Sterben damit, dass er Eisen in seinem Kern produziert. Eisen ist ein leitendes Metall, und es fusioniert ebenfalls nicht weiter. Wenn in diesem Stern ein Eisenkern entstanden ist, dann dauert seine Existenz nur noch Sekunden, eine unfassbar kurze Zeitspanne für die Zeitspannen, die in unserem Universum normalerweise vorherrschen. Der Stern pumpt verzweifelt seine Masse in den Eisenkern, um eine Fusion erneut anzutreiben, gezwungen von den gewaltigen Kräften seiner Gravitation. Auch er bläht sich dabei auf, dann aber explodiert er schlagartig in einer Supernova, wenn sein Kraftfeld dann zusammen bricht. Alle Elemente, die wir kennen, sind in ihm auf diese Weise entstanden, und er verstreut sie wieder zurück ins Universum. Die Quintessenz ist also, dass wir alle, alles, was hier auf unserer Erde existiert, quasi jedes einzelne Atom, aus dem Inneren eines Sternes stammt. Wir sind also im wahrsten Sinne des Wortes Sternenkinder, denn wir bestehen aus Sternenstaub.“

Matt sah Constanze lange schweigend an. Sie wusste dazu nichts zu sagen, dieser Gedanke war einzigartig wunderbar, und Matt erschien ihr auf einmal wie ein Magier. Matt holte schließlich tief Luft.

„Aber auch die Lebensspanne unseres kompletten Universums ist endlich. Das wissen viele nicht. Das Universum erkaltet, seine Elemente driften, vom Urknall einmal angetrieben, immer weiter auseinander. Irgendwann wird aus dem freien Material, das es in unserem Universum gibt, kein neuer Stern mehr entstehen können. Dann gehen die Lichter an unserem Himmel langsam aus, eines nach dem anderen. Die größten Sterne sterben zuerst. Dann kommen die mittelgroßen, solche wie unsere Sonne. Dann die kleinen und die ganz kleinen. Und am Ende unseres Universums ist es so dunkel, wie es vor seiner Entstehung gewesen sein muss.“

„Die große Dunkelheit“, sagte Constanze langsam und schmiegte sich fest in Matts Arme.

„Macht dir dieser Gedanke Angst, Kleines?“, fragte Matt sie sanft.

„Nein“, antwortete sie ihm versonnen, „ich denke, es gibt verschiedene Qualitäten der Dunkelheit. Von der absoluten Leere bis in die absolute Fülle.“ Matt nickte nur. Das war eine kluge Antwort, die sie ihm da gegeben hatte, sie gefiel ihm immer mehr.

„Aber jetzt leben wir noch im Licht, jetzt ist unser Universum noch sehr, sehr produktiv, nicht wahr? Jetzt entstehen noch jede Menge an Sternen?“ Constanze sah ihn mit wachen Augen an. Jetzt hatte er sie sanft ganz geweckt, und das liebte er sowohl für sich selber als auch für die Frau, die bei ihm lag.

„Ja“, antwortete er ihr nachdenklich, „so ist es. Am Anfang und am Ende steht die große Dunkelheit. Und die Bemerkung, dass wir das nicht erleben werden, ist bedeutungslos für mich. Für mich zählen diese wunderbaren Gedanken. Denke ich sie, geben sie mir Kraft.“ Er lächelte auf Constanze herunter und wechselte ruckartig die Sichtweise, den Sehwinkel.

„Und das ist der Grund, warum du deine Brücke gut verteidigen musst, meine Liebste, und sei die Zahl der anstürmenden Feinde auch noch so groß. Eine Brücke ist eine Überquerung eines Hindernisses, wo es sonst keine andere Überquerung gibt. Sie ist gut zu verteidigen, denn sie ist schmal. Ich denke mir, du hast unterbewusst aus gutem Grund eine Brücke gewählt, denn eine Brücke ist ein großartiges Bild, ein kräftiges Symbol. Du alleine kannst dein Wesen, dein Sein und alle diese wunderbaren Gedanken gegen eine Überzahl von Feinden an diesem einen Punkt verteidigen. Und solltest du dann überrannt werden, dann war dieser Kampf deinen ganzen Einsatz wert. Nichts ist ehrenvoller, als für ein derartiges Gut zu sterben, das uns Menschen eigentlich ausmacht.“

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Constanze sah Matt mit riesigen Augen in seine. So hatte sie ihre Brücke noch nie gesehen, so hatte sie generell die Welt noch nie betrachtet. Sie verstand, was Matt ihr damit sagen wollte, sie erkannte die Kraft, die hinter so großen Gedanken steckte.

Matt küsste sie sanft auf die Stirn. „Ich sehe, du hast mich verstanden, mein Liebes“, sagte er lächelnd und legte sie sanft ab, erhob sich auf seinen Ellbogen. „Es ist schon weit fortgeschrittener Vormittag, kleine Katze, wir sollten frühstücken. In deinem Abendkleid von gestern Nacht kannst du nicht hier herum laufen, es muss erst wieder gereinigt werden. Ich werde meine Sklavin Nina, eine meiner beiden Frauen, bitten, dir auszuhelfen. Dann können wir frühstücken und uns gemeinsam überlegen, was wir nun tun mit unserer Freundschaft, die uns beiden so unversehens in den Schoß gefallen ist.“

Matt wechselte das Thema so unvermittelt, wie er es begonnen hatte. Er übernahm damit ganz natürlich die Führung, riss das Ruder bildlich gesehen herum und führte ihr gemeinsames Boot rasch in einen stetig wehenden, kräftigen Wind, nahm sozusagen plötzlich Fahrt auf. Constanze blinzelte ihn überrascht an und atmete dann tief durch. Sie fühlte sich, als hätte er sie plötzlich mit einem Schwall kalten Wassers aufgeweckt aus dieser wohligen Entspannung, in der sie sich bis gerade eben noch befunden hatte. Die Gedanken und Erinnerungen an das, was gestern alles geschehen war, kehrten mit Wucht in ihr Gedächtnis zurück. Aber Matt ließ ihr erst gar keine Zeit, darüber wieder nachzudenken beziehungsweise zu grübeln.

Er lächelte sie an, dieses Mal war er es, der ihr rätselhaft erschien, alleine schon sein Lächeln und seine glitzernden Augen drückte aus, dass er die ganze Zeit etwas im Schilde geführt hatte, sowohl mit seiner Erzählung wie auch jetzt gerade.

Constanze sah zu ihm auf und ihm dann nach, als er schwungvoll aufstand. Sie sah kaum auf sein Äußeres, das, was er gesagt hatte, ging ihr wesentlich eindringlicher durch den Sinn. Er hatte also wohl zwei Frauen, die sich als seine Sklavinnen bezeichneten. Nun, Constanze konnte sich Matt gut in einer solchen dominanten Position vorstellen, er hatte so etwas wie ein natürliches Potential in ihren Augen dafür, das hatte er sie gestern ja auch schon wirklich unverblümt spüren lassen. Und Constanze war auch auf dem Laufenden, was es so alles an Formen menschlicher Interaktionen und Beziehungen zueinander gab. Sie persönlich hatte solche Strukturen zwar noch nie selbst erlebt, sie besaß aber eine relativ vorurteilfreie, unabhängige Denkweise. Es gab durchaus auch in der modernen Zeit Frauen, die sich als Sklavinnen eines Mannes bezeichnen wollten und das so auch leben wollten. Der Unterschied lag im Zweck der Sklaverei, früher war es ein ökonomischer, heute eher ein zwischenmenschlicher. Jedem Menschen das, was er sich zu leben wünschte, fand Constanze, das war ein freies Land. Und warum sollte Matt nicht so leben? Constanze konnte diesen Gedanken zu ihrer eigenen Überraschung sehr gut akzeptieren.  Und auch, wenn ihr die großen Farbstriche, die Matt ihr gerade an ihren Himmel gemalt hatte, noch durch den Sinn zogen und sie jetzt durcheinander brachten, passte das alles für sie gut zusammen. Matt beugte sich leicht vor und sprach etwas in eine Gegensprechanlage, die Constanze an jeder der drei aus diesem Raum führenden Türen sehen konnte. Dann drehte er sich zu ihr zurück und lächelte sie fast schelmisch an.

„Ich habe Nina Bescheid gesagt, Liebes. Sie kommt sofort und wird dir helfen, dich für heute einzukleiden. Ich denke, ihre Kleidung wird dir gut passen.“

**

Constanze sah ihn sprachlos an. „Warte mal, Matt!“, hielt sie ihn sofort zurück, „Sekunde mal. Ich komme ja gar nicht mehr zum Nachdenken. Ja, wird es Nina denn nicht stören, wenn sie mich hier so sieht?“, stotterte sie fast. „Ich meine, in deinem Bett?“

Matt lächelte sie an. „Liebes, sie ist meine Sklavin. Sie ist glücklich, wenn ich es bin. Und wenn ich mit einer anderen Frau in dieser Nacht glücklich war, dann ist sie es auch. Warum sollte sie also?“

Constanze war nicht nur sprachlos, ihr entzog sich absolut jedes einzelne Wort. Matt suchte nach ein paar Hausschuhen und sah ihr dann wieder bedeutsam lächelnd in die Augen. Auf einmal verstand Constanze auch, was er eben mit seiner Bemerkung gemeint hatte, es würde ihm noch die richtige Anrede fehlen. Auf einmal verstand sie es wirklich, sie sah es Matt an. Er forderte nichts von ihr ein, er lächelte sie nur an, aber dieses Lächeln sagte ihr mehr als tausend Worte. Ihr wurde fast schwindelig, so rasch hatte er sie in einen völlig anderen Geisteszustand versetzt. Sie sah ihn mit großen Augen an und setzte sich beunruhigt auf, sah an sich herunter. Sie trug immer noch ihr hauchdünnes Unterkleid und darunter ein Nichts von BH und Höschen.

„Ja, aber, wird es sie denn nicht verletzen, wenn sie sieht, dass wir uns geliebt haben gestern Nacht?“

„Du meinst, dass wir beide Lust aneinander hatten, Liebes? Dass wir Sex hatten?“, brachte er es wieder so unverblümt auf den Punkt und hielt ihren Blick so wie gestern Nacht, eindringlich und unwiderstehlich.

„Ja“, stotterte sie und nickte nur etwas hilflos.

„Mein Liebes“, er kam noch einmal auf sie zu und nahm von oben ihr Kinn in seine Hand, hob ihr Gesicht zu sich empor. Sie registrierte wieder kaum etwas anderes als seinen Blick, sie hätte später nicht sagen können, welche Farbe seine Boxershorts gehabt hatten. „Wenn wir gefrühstückt haben, dann lege ich dich hier in ihrer Gegenwart auf dieses Bett zurück. Ich habe nämlich noch immer Lust auf dich, meine Schöne. Ich spreize deine Beine und bereite dir Lust, und ich will diese Lust sehen, im Licht und an deinem ganzen Körper, nicht nur in deinen Augen.“

„Und sie soll dabei zusehen?“, fragte sie ihn völlig verwirrt. „Dann kann ich keine Lust empfinden!“

Matts Lächeln vertiefte sich, er streichelte ihr mit den Fingern über die Wangen. „Wenn du keine Lust empfinden oder dich schlichtweg weigern solltest, sie anzunehmen und dich ihr hin zu geben, wenn ich mir das von dir wünsche, mein Liebes, dann wirst du eben zur Zuschauerin. Dann bereite ich Nina Lust, und du siehst uns dabei zu.“

„W-was sagst du da? Du willst sehen, wie ich Lust empfinde, wenn du Nina vor meinen Augen liebst?“

„Oh ja, mein Liebling“, antwortete er ihr sanft. „Ganz genau! Ich weiß, wo ich dich abholen muss, meine Schöne. Du sollst dich mir ergeben und du wirst mir gehorchen. Du wirst mir geben, was ich von dir verlange, du wirst es einfach zulassen, wenn ich mir das von dir wünsche. Ich sehe, dass du dir genau das tief in dir vergraben wünschst. Und zu einfach soll es für dich ja nicht sein, das ist ja der Zweck der Übung. Ich möchte, dass du es mir gestehst, dich mir unterwerfen zu wollen, aus eigenem Antrieb, und dass du deine Lust gegen alle deine inneren Wiederstände offen und frei auslebst. Dann wird die Lust, die du empfindest, für dich keine Angst oder Qual mehr mit sich bringen.“

„Ich weiß nicht, Matt“, antwortete Constanze verunsichert, „so leicht, wie du dir das vorstellst, kann ich mich nicht umstellen, und auch, wenn du gestern auf der Brücke von mir vielleicht ein anderes Bild hattest, eigentlich kämpfe ich, das ist meine wahre Natur.“

„Oh, das habe ich gestern Nacht sehr wohl sehen können, mein Kleines. Beides, sowohl deinen Kampfgeist wie deine inneren Wiederstände.“ Matt lächelte sie undurchsichtig an. „Das kannst du sehr wohl heute und sofort. Du erbittest dir von mir, dass ich deine Lust wecke und befriedige? Dann sage mir, dass du bereit bist, dafür zu tun, was immer ich will. Und ich will, dass du dich in meine Hände fallen läßt, ohne zu denken, ganz und gar und ohne Rückhalt.“

„Matt!“, Constanze war nun mehr als verunsichert. „Du wirst mich erst überzeugen müssen, dass ich das tun soll!“

„Deinen Körper habe ich schon überzeugt, mein Liebes“, fuhr Matt ungerührt fort. „Ich will mehr, ich will deine Lust, ich will, dass du sie mir darreichst. Es wird mich nur erregen, dich gegen deine eigene Lust ankämpfen und verlieren zu sehen, und das wird so kommen. Du wirst dich mir nicht entziehen, versuchst du das, dann denke an gestern Nacht. Ich will deine Lust sehen können, alles an dir!“

Constanze wurde es heiß im Gesicht, ihr Herz begann, zu klopfen. Adrenalin schoss ihr ins Blut. „Wenn du mich dazu zwingen willst, dann werde ich dagegen ankämpfen. Das kannst du doch nicht wollen, dass ich dich bekämpfe!“ Ihr Tonfall bekam eine bittende Note.

„Ich habe gestern Nacht, als ich dich ausgezogen habe, schon bemerkt, dass du in Wahrheit wirklich heiß bist, wie man so schön sagt …. du wehrst dich zwar noch dagegen, aber dein Körper hat mir etwas anderes gesagt. Ich muss dich nicht zwingen, und zum Kampf gegen mich muss ich dich schon gar nicht zwingen! Was hätte ich auch davon? Du wirst es von selber tun, du wirst ganz von alleine zu mir kommen.“

„Matt, du wirst es bereuen, mich dem ausgesetzt zu haben!“, warnte Constanze ihn nun fast verzweifelt. Sein Lächeln vertiefte sich.

„Nein, mein Liebes, wenn du dich so sehr wehrst, dann wird es dich nur noch stärker an mich binden, wenn du dich mir dann ergibst. Nichts davon wird passieren!“

„Oh ja, das stimmt!“, bestätigte Constanze ihm ehrlich und völlig verwirrt, was sie gerade fühlte. „Aber die Betonung liegt auf dem „wenn“, Matt! Du wirst mich fesseln müssen, ich denke nicht, dass ich es schaffen werde, das zuzulassen!“

„Ich werde dich nicht ein einziges Mal fesseln müssen dafür, Kleines. Ich habe schon einen Zugang zu deinem Geist, zu dir, meine Worte werden reichen.“

„Ja, wenn du diesen Zugang zu mir erst einmal hast, dann reichen deine Worte, Matt!“ Constanzes Gesicht begann, zu brennen, sie rang nach passenden Worten, um ausdrücken zu können, was sie gerade fühlte. „Denn dann ist das ein völlig freier Zugang, den du dir zu mir geschaffen hast. Dann würde ich mich dir völlig ergeben, das würde das heißen. Aber den wirst du dir erzwingen müssen!“

Matt schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein, nicht im Mindesten, Liebes. Du kannst dich frei entscheiden, auch gegen die Lust deines Körpers. Ich zwinge dich zu gar nichts. Ich offeriere dir lediglich das, was ich mit dir tun werde, wenn du dich wirklich für das entscheidest, was ich mir von dir wünsche. Es ist ein Angebot, Liebes, mehr nicht. Du kannst es dir ansehen, in aller Ruhe. Wenn du nachgibst und dich entscheidest, dich deiner Lust hinzugeben, es einfach passieren zu lassen, dann gibst du dich mir erst richtig hin. Und es ist dein Schoß, der die ganze Zeit brennen wird vor Lust und Verlangen, Liebes, es wird dein Verlangen sein, das nach Befriedigung schreit, nicht meines…“

„Matt, ich weiß, du bist wirklich kein Anfänger, du machst so etwas vielleicht dein ganzes Leben lang schon,  und du warst vielleicht auch schon in lebensbedrohlichen Situationen, in Situationen, die keinen Fehler erlauben….“ Constanze flehte ihn jetzt regelrecht an. „Ich weiß, ich bin dir hoffnungslos unterlegen. Aber du bist ein Ungeheuer, wenn du das tust!!“ Sie wurde unwillkürlich lauter bei ihren letzten Worten.

„Warum das denn, Liebes? Etwa, weil ich deinen freien Willen akzeptiere?“

„Nein, weil du ihn gegen mich einsetzt!“

„Mein Liebes, da verstehst du etwas grundsätzlich falsch!“  Matt schüttelte nachdrücklich den Kopf und setzte sich zurück auf den Bettrand, aber seine aufrechte Stellung verriet schon, nicht für lange.

„Du bist mir keineswegs unterlegen, wieso sollte das auch so sein? Du hast nur ein Leben lang Blockaden aufgebaut, die dich direkt auf diese Brücke getrieben haben. Die gilt es, wieder einzureißen. Deine Emotionen sind dein wahrer Motor. Und diesen Kampf deiner anerzogenen Scham gegen deine Lust entscheidest du frei und ganz alleine! Ich biete lediglich die Plattform dafür an. Erzwingen werde ich von dir gar nichts, ich provoziere nur eine stumme Bitte von dir, mehr erwarte ich gar nicht.“ Er sah Constanze tief in die Augen, sah, dass ihre Augen zu glänzen begannen. Er atmete tief durch.

„Schau, Liebes, du erlebst meinen Wunsch gerade wie eine Fessel, du denkst, ich mache dich wehrlos und lasse dir keine andere Wahl. So ist das nicht! Du kannst es dir im Moment nur nicht vorstellen, das zulassen zu können. Aber wenn du für mich so viel empfindest, wie du glaubst, dann wirst du das können. Du musst lediglich erkennen, dass deine jetzige Denkweise dich fesselt, das bin nicht ich, der das tut. Dann kannst du dich auch dagegen entscheiden, und ich bin ja da! Ich fange dich auf, wenn du das tust, du fällst nicht ins Leere. Ich habe dich gestern Nacht schon aufgefangen. Und mir war auch gestern Nacht schon klar, was dich wirklich auf diese Brücke getrieben hat. Wenn ich dir also wirklich helfen will, dann musst du einfach nur zulassen. Mehr nicht. Und dann warte einfach ab, was passieren wird.“

„Du benutzt meine Liebe zu dir?“, fragte Constanze fassungslos.

„Liebe ist ein großes Wort“, antwortete Matt langsam. „Aber ja, Liebes, ich nutze sie dazu, dich verstehen zu lassen, was in dir passiert. Wenn du es verstehst, es dir wirklich bewusst machst, wirst du es ändern können. Du bist eine kluge Frau, du wirst das regeln können. Deine Gefühle und dein Verstand helfen dir dabei. Und du musst nicht mehr tun, als loszulassen. Aber ich nehme mir nichts von dir. Nicht in dieser Situation. Alles, was ich mir von dir nehmen werde, kann ich auch jetzt und hier haben, und das sofort. Und das wissen wir beide, Liebes.“

„D-das ist kein Spass, Matt!“, brachte Constanze gerade noch so heraus.

Matt nickte. „Nein, ist es nicht. Was du spürst, ist die Kraft, die solche Gedanken haben. Versuche einfach, deine Angst und Abwehr in den Griff zu bekommen. Dann schaffst du das auch. Du stehst vor einer Grenze, und ich helfe dir hinüber.“ Constanze blieb stumm. Matts Logik war bestechend, wenn sie es aus dieser Warte heraus sah, verstand sie, was er von ihr wollte. Aber sie konnte sich das dennoch unmöglich vorstellen.

Matt lächelte sie an. „Du wirst heute ein ganz neues Universum entdecken, mein Liebes“. Sein Tonfall war abschließend, Constanze hörte heraus, er würde diese Diskussion nicht fortführen. „Und danach reden wir weiter über das, was du nun tun solltest oder möchtest.“ Er sah ihr in die weit aufgerissenen Augen. „Nina wird nur am Anfang mit dabei sein, Liebes. Sie wird dir helfen, dich mir wirklich zu öffnen und dich mir hinzugeben. Du sollst mir deine Lust geben, sie mir überlassen. Du sollst alles loslassen, dich fallen lassen. Du sollst alles wirklich fallen lassen, so wie gestern Nacht im Käfig. Wenn du das getan hast, dann geht sie wieder.“

Constanze sah ihn wieder absolut sprachlos an. Matt lächelte sie verabschiedend und wieder rätselhaft an und nickte ihr zu. „Dann bis gleich, mein Liebes. Ich mache mich kurz frisch. Nina ist gleich bei dir!“

Und damit ließ er sie einfach im Bett zurück und verschwand durch eine der drei Türen, die dieses große Schlafzimmer hatte.

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©Matt

Zufällige Begegnung (Julia), Teil 3

Er beobachtete, wie sein unverblümtes Angebot sein Ziel erreichte. Ihre Mundwinkel begannen, leicht zu zucken, als würde sie jetzt doch noch in Tränen ausbrechen, sie löste ihren tief in seine Augen versunkenen Blick und sah deutlich verlegen nach unten. Aber sie rührte sich nicht von der Stelle, blieb entspannt neben ihm liegen, die Arme in den Fesseln entspannt hängend und die Beine angewinkelt unter seiner streichenden Hand. Das war ihre eigentliche Antwort, schon bevor sie überhaupt begann, mit Worten zu antworten, zeigte sie ihm so ihre Entscheidung. Denn ihr Körper hatte seiner Massage schon nachgegeben und sich unter seiner streichelnden Hand deutlich entspannt. Er musste ihr nur noch rational über diese Hürde hinweghelfen.

„Hey!“, sagte er leise zu ihr, und ihr Blick ruckte wieder zu ihm auf, sie war wieder bei ihm. „Und ich bin sehr froh darüber, dass ich allem Anschein nach noch gerade rechtzeitig gekommen bin!“ Und mit einem Nicken in Richtung ihres Schoßes fügte er dazu: „Oder hat er dich wirklich ernsthaft verletzt?“

Sie folgte seinem Wink und atmete dann tief durch. Erneut überzogen ein stark abgemilderter Schrecken und eine jetzt deutlich sichtbar werdende Scham ihr zartes Gesicht. Aber in ihrem Blick lag auch eine schwer definierbare Sehnsucht nach seiner Zärtlichkeit, als sie ihm wieder in die Augen sah. „Nein, ich glaube, so stark verletzt hat er mich nicht, dann müsste es richtig schmerzen. Es fühlt sich nur alles wund und geschwollen an. Man müsste mal nachsehen…“, sie kam erstaunlich weit in ihren Überlegungen, stockte dann aber, als sie bemerkte, wohin sie dieser Satz führen würde.

„Ob es in dir alles so verschwollen ist, dass ich nicht mehr in dich eindringen könnte“, vollendete er ruhig und mit neutraler Stimme ihren angefangenen Satz. Sie sah ihm prüfend in die Augen und fand nur ein liebevolles Entgegenkommen in ihnen.

Sie zuckte ein klein wenig zusammen, befeuchtete sich unwillkürlich in einer verunsichert wirkenden Geste die Lippen, wich seinem Blick aber nicht mehr aus. Da war ihnen beiden klar, dass dieses Gespräch weiter gehen würde und auch weitere Konsequenzen haben würde. Matt war jemand, der in sexuellen Dingen grundsätzlich kein Blatt vor den Mund nahm, er wusste aber nur zu gut, dass er das bei Julia nicht ebenso voraussetzen konnte. Und in Anbetracht dessen, was sie eben durchlitten hatte, war er im Moment dazu bereit, mit ihr weiter ruhig und geduldig darüber zu reden, das war er beileibe nicht immer, in der Regel handelte er lieber und stellte die Frauen vor vollendete Tatsachen. Er belastete ihren Geist damit wesentlich stärker, er ging aber bei Julia davon aus, dass er das unter diesen Bedingungen so mit ihr nicht tun konnte, dass ihr Geist bereits mehr als genügend Belastung hatte ertragen müssen. Es genügte seiner Ansicht nach schon, dass er sie in dieser ihm ausgelieferten Stellung bewusst beließ. Er war bereit, ihr die Hand zu reichen und sie zu führen, und das war auch nicht mehr wirklich ein Opfer für ihn, denn sie gefiel ihm immer besser.

„Ich bin froh, dass du…“, sie stockte kurz und wechselte mit ihrem Blick ein paar Mal unsicher zwischen seinem Gesicht und der Tür hinter ihm hin und her, setzte erneut an, „dass du…“, stockte noch einmal und vollendete dann endlich den Satz mit einem deutlich hörbaren Entschluss in ihrer Stimme, „dass du hier bist jetzt.“ Wieder sah sie ihm forschend in die Augen, dann schluckte sie einmal und entschloss sich, weiter zu sprechen. „Und du würdest direkt noch einmal in mich eindringen wollen, ja?“, fragte sie dann mit leise Stimme, und ihre Wangen flammten rot auf. „Ich meine, wir kennen uns ja gar nicht, und dieser Kerl…“ Jetzt erstarb ihr die Stimme doch, sie sah ihn nur hilflos und nach Worten suchend an.

Er lächelte sie ruhig an. Wenn er das so direkt und ehrlich jetzt hätte beantworten müssen, ohne das Ziel im Auge zu haben, das er damit mit ihr verfolgte, hätte er das glattweg verneinen müssen. Das hatte er vorhin nicht gewollt, als er hierher kam und eingriff, und jetzt wollte er es immer noch nicht. Er war eigentlich auf dem Weg zu einer anderen Frau gewesen, einer seiner Frauen, und da ließ er sich bei weitem nicht so einfach ablenken, wie das jetzt nach außen hin wohl aussehen mochte, so frei nach dem Motto, Gelegenheit macht Diebe. Er hatte keineswegs vor, diesen Weg zu beschreiten, den Weg seines Vorgängers, und es war ihm auch überhaupt nicht Recht, dass sein Vorgänger bei dieser Frau ihm gewissermaßen eine Vorarbeit geleistet hatte, die er nun selber weiterführen könnte, wenn er das wollte. Mit Lust, seiner eigenen Lust, hatte diese Situation hier mit Julia ganz sicher nichts zu tun, und mit dieser Frau hatte er heute auch ganz sicher nichts dergleichen mehr vor. Aber er verstand etwas von der zerstörerischen Kraft der erlittenen Eindrücke in ihrem Geist, und die wollte er wirklich gerne entkräften. Und um das wirklich überzeugend tun zu können, reichte seines Erachtens bloßes Reden bei weitem nicht mehr aus. Julia hatte durch die Gewalteinwirkung eine auf Erfahrung basierende Abneigung gegen den sexuellen Akt erworben, die sich auf die ein oder andere Art und Weise in ihrem Leben manifestieren würde, da war er sich sicher, er war dabei gewesen, er hatte gefühlt, was in der Luft gelegen hatte. Und man durfte sich da auch nichts vormachen, die Sexualität stand immer noch im Lebensmittelpunkt eines jeden Menschen, nicht alleine, aber auch. Und ihm gegenüber war sie nun bereit, ihre Vorbehalte fallen zu lassen, das alleine sagte ihm mehr als tausend Worte darüber, was in ihr gerade wirklich vorging. Sicher hatte sie immer noch Angst davor, und diese Angst war gesund nach dieser Erfahrung, normalerweise wäre dieser Kerl ja noch immer hier gewesen. Ihre letzte angesetzte Frage zeigte ihm, dass sie genauer von ihm wissen wollte, wie er das genau gemeint hatte, sie provozierte ihn natürlich nicht, aber sie hielt auch ihre Position halb nackt und schon missbraucht auf dem Bett an die Pfosten gefesselt liegend nicht für provozierend für ihn. Das war bereits ein sehr gutes Zeichen für ihn, sie hatte seine Körpersprache trotz des eben Erlittenen richtig gedeutet und nahm ihn nicht als Bedrohung wahr. Im Gegenteil, was er für sie darstellte, war etwas sehr archaisches, er stellte sich ihr als einer ihres eigenen „Clans“ vor, den sie zwar nicht aus eigener Erfahrung kannte, der sich aber mit ihr befassen wollte, weil sie unter seinem Schutz stand. Das waren reine Gefühle, sowohl in ihm wie auch in ihr, keine Worte oder rationale Gedanken mehr, aber es bestimmte sein Handeln genauso wie ihre Reaktion darauf. Auf eine sehr gesunde Weise wollte sie vorsichtig wissen, wie der Trost und Beistand wohl aussehen konnte, den er ihr da so unvermutet anbot. Und die Regel war sein Angebot ja nun auch weiß Gott nicht, er hatte auch keineswegs mit einer so positiven Reaktion von ihr rechnen können, aber er bekam sie nun.

„Du weißt zumindest von mir, dass ich dich verteidigt habe, ohne von dir darum gebeten worden zu sein, Kleines“, relativierte er ihre erste Aussage sofort, „und das ist sehr viel mehr, als die meisten anderen von mir wissen. Und ich bin immer noch hier und kümmere mich um dich, und auch das hast du dir nicht von mir erbeten. Und was diesen Kerl von eben angeht…“, stockte er lächelnd und wartete auf eine von ihr kommende Reaktion. Sie wartete einen Moment, hing an seinen Augen und runzelte dann etwas verwirrt die Stirn, musterte ihn weiter fast angestrengt intensiv, reagierte auf die Offenheit in seinen Augen ebenso, mit Offenheit. „…der hat das eben so schlecht angefangen, schlechter kann man es gar nicht mehr machen, ein Komplettversager in Sachen einvernehmlicher Sexualität, würde ich mal sagen.“ Sie starrte ihn mit einem Ausdruck leichter Verblüffung an, ihre Kinnlade lockerte sich etwas. Seine etwas auflockernd formulierte Ansicht dieses Vorfalls von einer anderen, seiner Seite hatte ihr Ziel bei ihr erreicht, ihre angespannten Züge glätteten sich etwas und zeigten ihm ihre andere Seite, die er an ihr ja schon vor der Tür auf dem Fahrrad wahrgenommen hatte, ihre eigentliche Seite. „Ein Zugeständnis muss ich diesem Helden des Nachmittags allerdings lassen, er liegt hier nicht immer noch herum und stört das Gesamtbild in deiner hübschen Wohnung. Das ist eine wohltuende Geste von ihm. Ich hätte absolut keine Lust darauf, mir um seinen angeschlagenen Kopf auch noch Gedanken machen zu müssen. Mir reicht eindeutig das, was er in deinem angerichtet hat, mein Kleines.“ Er erntete mit seiner unwillkürlichen wegwerfenden Bewegung seiner anderen Hand dazu tatsächlich ein kleines Lächeln von ihr, und das wichtigste daran war für ihn, dass dieses kleine Lächeln auch ihre Augen erreichte und zum sanften Leuchten brachte. Und dieses Leuchten war ansteckend, er versuchte auch gar nicht, das zu verbergen, und verkniff sich ein breiter werdendes Lächeln bei seinen nächsten Worten nicht. „Einvernehmliche Sexualität heißt nichts anderes, als dass beide Seiten ihren Spaß daran haben“, griff er seinen Faden wieder auf. „Das ist auch nach diesem Vorfall für dich immer noch so, auch wenn du dir das jetzt nicht mehr vorstellen magst. Und auf lange Sicht wäre es für dich ganz sicher ein Verlust, wenn du jetzt nicht damit einverstanden sein wirst, dass ich dir das auch beweise. Und das weißt du auch schon.“

„Für mich?“, fragte sie leicht ungläubig nach, „Das wäre für mich ein Verlust?“ Seine Stimme war leise geworden und sein Lächeln wieder ernster. Er nickte.

„Ja, beim Sex geht es um Dinge, von denen beide etwas haben, nicht nur einer. Ich denke mich in dich hinein, Kleines, und deswegen bin ich auch noch selber bei dir, statt dich in die Obhut der Polizei zu geben. Und jetzt hast du wieder die Macht, dich selber zu entscheiden. Ich zwinge dich zu nichts, ich mache dir ein Angebot. Und gefällt es dir nicht, ein wenig Macht über diese Entscheidung zu besitzen, zu wissen, dass es alleine das ist, was du jetzt zulässt oder tust, das darüber bestimmt, wie wir beide die nächsten Minuten miteinander zubringen?“

Auf ihr Gesicht trat ein plötzlich verstehender Ausdruck, als würde sie diesen Zusammenhang zwischen dem Prinzip des gegenseitigen Geben und Nehmens und der Sexualität erst jetzt so richtig begreifen. So eine Art von Gesprächen führte er mit Frauen auch, deswegen verstand er Julia jetzt auch richtig. Und deswegen setzte er jetzt auch alles auf eine Karte, irgendwann musste er das ja eh mal tun. „Ich halte dich nicht gegen deinen Willen hier fest, Kleines. Ein Wort von dir jetzt und ich binde dich los, wir rufen die Polizei, wir tun, was immer du jetzt tun möchtest. Überlege es dir gut.“

„Du meinst, du fragst mich das, weil du verstehst, was ich fühle?“, fragte sie ihn bass erstaunt, als hätte sie so etwas noch bei keinem Mann überhaupt für möglich gehalten. Er nickte nur und konstatierte trocken bei sich, dass man zu seiner Umgangsweise mit Frauen stehen mochte, wie man wollte, aber er gehörte tatsächlich zu den eher selten anzutreffenden Männern auf dieser Welt, die genau das taten, wenn er auch damit in der Regel ein Ziel verfolgte, dass zuerst seines war und erst zu ihrem wurde, wenn er mit der Frau fertig geworden war. Aber so etwas war hier fehl am Platze, deswegen schwieg er und ließ sie nur freundliche Augen sehen, während ihm diese Gedanken durch den Kopf zogen.

„Der Kerl eben hat den Begriff ’stillschweigendes Einvernehmen‘ wirklich unzulässig weit für sich alleine interpretiert, ohne dich mit einzubeziehen“, fuhr er leise fort und nahm seine Hand von ihrem Bauch, legte sie in einer vorsichtigen und zärtlichen Geste auf ihre warme, blasse Wange. Sie sah ihn mit großen Augen an. „Wenn nur der Mann seinen Spaß an der Sache hat, dann läuft etwas wirklich sehr schief, aber das heißt noch lange nicht, dass es sofort wieder so kommen muss.“

„Aber du wirst mir doch auch ein wenig wehtun, oder?“, zweifelte sie kaum hörbar. „So ganz ohne Schmerz wird das doch wohl kaum noch gehen jetzt?“

Er zog eine Augenbraue hoch. „Du wirst es ausprobieren müssen, mein Liebes“, führte er sie im Gespräch weiter. „Hast du das ausprobiert? Wenn du das nicht tust, dann wird es dir immer weh tun, egal, wie viel Zeit jetzt noch ins Land zieht. Und ich denke, das weißt du auch.“

Er wartete auf ihre Antwort, obwohl er sie schon zu kennen glaubte. Sie hatte sich über so etwas noch keine Gedanken gemacht, aber sie verstand, was er ihr sagen wollte. Sie wich seinem Blick auch unstet mehrfach aus und rang offenbar mit sich, mit ihrem Wunsch, sich in seine Hände fallen zu lassen und einfach zuzulassen, was er ihr da so offen und selbstsicher anbot, und ihrer Scham vor ihm. Er fand sie einfach bezaubernd und wartete schweigend, beobachtete diesen Kampf in ihr, den er wie einen feinen Duft fast riechen zu können glaubte, so, wie er es oft an Frauen in dieser Phase beobachten konnte. Aber genau deswegen wusste er auch, dass sie das mit sich ganz alleine abmachen musste, es war von einer ausschlaggebenden Bedeutung für sie, dass er ihr dabei nicht half, obwohl ihm klar war, wie schwer ihr diese Entscheidung fallen musste. Und sie erschien ihm jung, sehr jung, sie konnte allgemein noch nicht viel Erfahrung mit Männern gemacht haben. Das war für sie in diesem Moment sowohl ein Vorteil wie auch eine Hürde. Sie war unverbildet und bis auf diese Erfahrung wahrscheinlich ohne jede Erfahrung, egal, ob gut oder schlecht, aber sie war auch unsicher auf dem Parkett, auf dem die erwachsenen Entscheidungen getroffen wurden. Seine Hand auf ihrer Wange war Geste genug.

„Es…“, begann sie schließlich leise und senkte dann doch den Blick, errötete leicht. „es war noch nie so angenehm, wie die anderen immer davon erzählen“, bekannte sie ihm mit einer ganz leisen Stimme.

Er nickte und rutschte ein Stückchen zu ihr hoch, so dass er sein Gesicht näher an ihres bringen konnte, die Umwelt um sie beide herum intim ausschließen konnte. Er hob ihr Gesicht an, bis sie ihm wieder in die Augen sah. Und wieder sah er Tränen in ihren Augenwinkeln glitzern. Sie errötete dazu, als sie seinem Blick begegnete.

„Liebes, da bist du nicht die einzige, die so etwas sagt“, erklärte er ihr leise. Er hatte jetzt in etwa eine Vorstellung, was sie ihm damit sagen wollte, und er brachte das unumwunden auf den Punkt. „Es hat noch nicht so für dich funktioniert, wie du dir das erträumt hast, und jetzt auch noch das. Du bist jetzt noch stärker verunsichert.“ Er musste sich enorm zusammen reißen, als sie ihre Augen wieder groß aufschlug und ihn entwaffnend offen ansah und nur nickte. Sie war jung, sehr jung, das war eine Überraschung für ihn. Er musste seine Gesichtszüge eisern beherrschen, um sie das nicht sehen zu lassen. Ihre Unsicherheit wirkte auf ihn beinahe schon kokett gespielt. Aber nur beinahe, und das auch nur, weil er sich für gewöhnlich mit erfahreneren Frauen befasste. Tatsächlich machte er große Augen, als er ihre Reinheit und Beeindruckbarkeit so offen und ungekünstelt wahr nahm. Auch mit diesen Dingen war es doch wie mit allem, stellte er verblüfft für sich fest. Man musste es wirklich selber erst einmal erleben, bevor man es wirklich richtig kannte und deuten konnte. Und eine so junge Frau hatte er sich einfach noch nie genommen. Ihre Niedergeschlagenheit war völlig unverbraucht und machte auf ihn einen gewaltigen Eindruck.

Er legte die Finger langsam um ihr Kinn, ließ sie sanft über ihre Wange gleiten, bis er ihr Kinn in der Hand hielt. Julia ließ es zu und sah ihn unverwandt an. Er beugte sich vor und gab ihr einen sanften, leichten Kuss auf ihre geschlossenen Lippen, nicht fordernd, einer von der einfach nur behutsamen Sorte. Auch das ließ sie zu und verspannte sich überhaupt nicht, als er sich ihr vorsichtig so weit näherte, weder in den Armen noch im Körper. Ihr ganzer Körper lag weiterhin entspannt unter ihm. Er lächelte ihr aus dieser Nähe in die Augen.

„Und?“, erkundigte er sich leise, „hat das geschmerzt?“  Sie sah ihn nur an, eine einzelne Träne rollte ihr über die Wange. Er streichelte sie zärtlich weg.

„Sage mir, was du fühlst“, wies er sie leise an. „Jetzt gerade. Hat das weh getan?“

„Nein“, flüsterte sie stimmlos. „Es war schön.“

„Dann solltest du jetzt nicht nachlassen“, forderte er leise und ließ ihren Blick keine Sekunde lang mehr los. „Nimm mich beim Wort, dann wirst du auch sehen, dass es mit mir überhaupt nicht weh tut. Das verspreche ich dir!“

Die Vorstellung davon sickerte tief in sie ein. Aber sie wehrte sich diesmal nicht mehr, sie sah ihn auch nicht mehr ungläubig an. Sie nickte nur langsam, und er wurde die Vorstellung nicht los, dass sie sich inzwischen auch sehr wohl bewusst war, wie reizvoll er sie fand. Zeit für ihn, ihr das ein wenig bewusster zu machen.

„Ich gebe gerne zu, dass mir die Vorstellung nicht gefällt, dass irgendein anderer ungeschickter Tölpel diese reizende Seite von dir so kennen lernt wie ich jetzt, und ich bin mir da ziemlich sicher, dass du diese Seite niemandem bisher so gezeigt hast wie mir jetzt. Ich würde sie gerne genauer entdecken, ich habe das deutliche Gefühl, dass sie noch reizender ist, als du es ohnehin schon für mich bist.“ Seine Stimme war nicht viel mehr als ein Raunen. „Liege ich da sehr daneben?“

„Nein“, hauchte sie, „vielleicht habe ich bisher vergeblich gewartet.“ Bei einer erfahreneren Frau hätte dieser kleine Satz lockend und selbstbewusst geklungen, bei Julia wirkte er einfach nur ehrlich. Und er verdiente deswegen auch eine sehr ehrliche Antwort von ihm. Sie war so jung, mit ihr wollte er nicht spielen.

„Ein Grund mehr dafür, darauf zu achten, dass du dieses Geschenk auch dem Richtigen machst, Kleines“, erwiderte er und sah mit einem leichten Lächeln ihr offenes Erstaunen, als sie sich dem darin enthaltenen Kompliment bewusst wurde, ein weiteres Zeichen für ihn, dass sie das so nicht kannte. Er streichelte sanft ihre Wangen mit den Fingern, hielt ihr Kinn weiter erhoben, so dass er nun ihre volle Aufmerksamkeit mit dieser liebevollen Geste einforderte und damit auch genau wissen konnte, dass ihre Gedanken voll und ganz bei ihm waren und nicht bei dem, was ihr vorhin widerfahren war. Und in ihren sanft schimmernden Augen lag der unverblümte, sehnsüchtige Wunsch, dass er weiter sprach.

„Nun, Kleines, ich war ganz sicher nicht auf dem Weg zu dir heute, wie du dir vielleicht denken kannst“, fuhr er deswegen dann nach einer kleinen Pause fort. „Genauer gesagt war ich auf dem Weg zu einer anderen Frau. Und diese Frau ist noch genauer genommen nicht meine einzige. Ich konnte nicht ahnen, dass mir heute ein solches Geschenk gemacht wird, und auch jemand wie ich, der viel selber bestimmen kann, kann so etwas nicht herauf beschwören, so etwas ist immer ein Geschenk. Aber ich habe bereits Frauen, Kleines, mehr als eine, ich besitze sie, sie gehören mir und sie wollen das auch nicht anders. Verstehst du, was ich damit meine?“

Sie wölbte erstaunt eine Augenbraue, machte ein deutlich überraschtes Gesicht. Was er ihr da andeutete, was ihr völlig fremd, das konnte er sofort sehen, und das hatte nun auch sofortigen Erklärungsbedarf. Matt sah sie unschlüssig an. Er hatte bisher noch nie mit einer Frau, die so gar keine Einsicht in derlei Dinge hatte, über sein ureigenes Privatleben gesprochen. Er wusste nicht recht, wie er ihr das begreiflich machen konnte, ohne sie zu verschrecken. Und, so wurde ihm dabei weiter klar, sie war ihm auf einmal nicht mehr gleichgültig. Bisher hatte er rein rational gehandelt, nun ertappte er sich bei dem Gedanken, dass er es ihr auch begreiflich machen wollte. Lag es an ihrer Jugend? Nein, Jugend war ein wunderschöner Vogel, aber flüchtig und in der Regel nicht mit Standfestigkeit verbunden. Er bevorzugte Frauen, die mit beiden Beinen fest im Leben standen, denn sie fanden unter ihm einen neuen Stand. Julia vor ihm musste überhaupt erst einen Stand in ihrem Leben finden. Aber dennoch, ihre Jugend war ausgesprochen reizvoll, denn er würde ihr ihren ersten Stand ermöglichen, unter seinen Bedingungen und Lebenseinstellungen. Vielleicht war es das, er musste die Frau nicht umerziehen, er musste ihr erst einmal nur auf die Beine helfen. Er sah ihr in die rehbraunen, großen, immer noch fragend auf ihm ruhenden Augen. Er ertappte sich bei dem Wunsch, sie würden durch seine Einwirkung jetzt so hingebungsvoll auf ihm ruhen, wie es die Augen seiner Frauen taten. Er atmete tief durch. Matt, schalt er sich selbst, du kannst nicht alle Frauen dieser Welt an dich nehmen. Schlag dir das aus dem Kopf. Aber dieser Gedanke war schon gedacht, und er wollte sich, da er einmal Form in seinem Geist angenommen hatte, nicht wieder vertreiben lassen. Matt atmete tief durch.

Ihre Arme hingen noch immer locker und entspannt in den Fesseln durch, das Seidentuch umhüllte ihren zarten Leib mit einem Farbrausch, und sie machte weiterhin keine Anstalten, das unangenehm zu finden, die Tatsache, dass ihr nackter, halb und roh entkleideter Körper Spuren von Gewaltanwendung zeigte und er ihn auch genau betrachten konnte. Matt beschlich ein seltsames Gefühl. Sie wehrte sich nicht gegen seine Fesselung, alleine das war, zumal unter den gegebenen Umständen, sehr ungewöhnlich, und sie legte ihre panische, zerstörerische Angst im Gespräch mit ihm zunehmend ab, er unterhielt oder verstärkte sie nicht. Das war definitiv ungewöhnlich. Und dieses Gespräch nahm eindeutig eine für ihn unvermutete Wendung.

„Du bist eben in die Hände eines Mannes gefallen, der dich nicht so behandelt hat, wie du es verdienst hast, Kleines“, hob er schließlich wieder an, zu sprechen, mit einer weichen, sanften Stimme. Überhaupt verhielt er sich völlig anders als jemals zuvor, das konstatierte er leicht verwundert bei sich. „Ein Kerl, der seine Erfahrungen mit Frauen an unwilligen Frauen zu sammeln pflegt und ihnen Gewalt antut.“

„Ja“, pflichtete sie ihm leise bei. „Er hat keine Minute lang gezögert, er hat sich verhalten wie ein geschickter Handwerker, ich hatte nicht die geringste Chance.“ Ein Abglanz des durchgestandenen Schreckens ließ die Züge ihres zarten Gesichtes kurz entgleisen, dann war sie wieder ganz bei ihm. Er konnte es deutlich sehen, ihre Augen hingen wie gebannt in seinen.

„Das ist wahrscheinlich einer dieser Männer, die ihre Erfahrung einer großen Anzahl wechselnder Frauen verdankt, und er hat sie alle benutzt und weggeworfen und schämt sich deswegen noch nicht einmal. Diese Männer sind wie Wölfe im Schafspelz für eine junge Schönheit wie dich, sie sehen nicht immer so aus, wie sie es ihrem Inneren nach tun sollten. Du wünschst dir vielleicht einen Mann, der dich respektvoll behandelt und der dir deine Wünsche auch erfüllen kann.“ Immer noch starrte sie ihn wie gebannt an, versank in seinem Blick. „So ein Mann bin ich, Kleines, aber in Frauen- wie in Männerkreisen bin ich auch einer, dessen Handlungsweise sich nicht ausrechnen lässt. Ich tue, was mir richtig erscheint, und die Konventionen der Gesellschaft interessieren mich einen Scheißdreck. Du würdest dich auf einen gefährlichen Mann einlassen, Kleines.“

Nun verstand sie seinen Wink und wohl auch die Richtung, die er einschlug. Immer noch wusste sie darauf nichts zu sagen, sie hatte nicht alle Informationen beisammen, die sie wohl brauchen würde. Sie stellte aber ihr Knie weiter auf, sie schien damit sagen zu wollen, dass sie das nicht wirklich interessierte, denn ihr Geschlecht wurde etwas sichtbar. Er bemerkte es, sah sie aber weiter konzentriert an.

„Für viele Frauen war ich schon der edle Ritter auf einem herrlichen Ross“, zog er einen Vergleich heran, um es ihr zu verdeutlichen, „aber erst, wenn ich dafür gesorgt hatte, dass ihnen das klar werden konnte. Und dafür, mein Kleines, habe ich gesorgt, indem ich sie ihrem Realitätskontext entrissen habe, sie meine Macht über sie habe fühlen lassen, und das war auch mit Schmerzen verbunden, zwangsläufig. Nichts ist wirklich umwälzend für einen menschlichen Verstand, wenn es nichts mit Schmerzen zu tun hat.“

„Du hast ihnen auch weh getan?“, flüsterte sie.

„Ja, Kleines, aber nicht so wie dieser Kerl eben dir. Ich weiß, welche Art Schmerz Frauen in bestimmten Situationen verarbeiten können, positiv verarbeiten. Danach haben sie sich bei mir völlig sicher gefühlt. Kannst du das etwas glauben?“

Sie sah ihm forschend in die grauen Augen und nickte dann zögernd.

„Sich mit so einem Mann einzulassen, ist für den Werdegang einer jungen Frau prägend“, fuhr er fort. „Das könnte dein Leben verändern, ich werde dir eine andere Sicht auf diese Dinge schenken. Eine Sicht, die dich von deinen Altersgenossinnen trennen wird, man kann zwar nicht früh genug den Weg in sein eigenes, innerstes Selbst beschreiten, aber dann nur mit Hilfe, deswegen passiert so etwas selten.“

„Und wenn du bei mir bleibst jetzt, dann passiert das?“

„Ja, Liebes, zwangsläufig, ich werde dir klar machen, was so anders ist an der Art, wie er mit dir umgegangen ist und wie ich das tue. Und das verändert das Verhalten einer jungen Dame wie dir ziemlich sicher.“

Sie zögerte wieder leicht, ihr Atem ging leicht und schnell, wie Flügelschläge. „Ich sehe hier aber keine junge Dame….“, sie zögerte, „und wie heißt du denn eigentlich?“ Ihre direkte Frage war wieder so reizend unbedarft. Er hatte ihn ihr absichtlich noch nicht genannt.

„Matt“, antwortete er ihr, und damit wusste sie mehr als Charlene. Er beschloss, ein weiteres Risiko einzugehen, früher oder später musste er das eh tun, er müsste eh körperlich werden und ihre Intimsphäre so wie sein Vorgänger für sich öffnen. Und dem ging kein wildes Geknutschte voraus, aus diesem Alter war er wahrlich heraus.

„Und ich gehe keine feste Bindung im herkömmlichen Sinne ein, Kleines“, stellte er in den Raum. „Wir zwei sind danach kein Paar im herkömmlichen Sinne.“

Sie stockte, sah ihm forschend weiter in die Augen. Aber ohne Angst, stellte er für sich wieder fest, Julia machte ihm einen immer größeren Respekt. „Keine feste Bindung, meinst du, ja?“, fragte sie ihn mit etwas rauer Stimme, schlug kurz die Augen nieder. Matt konnte sich gut vorstellen, dass sie so etwas von jemand anderem schon hatte  hören müssen, und dass ihr das sehr weh an dieser Stelle getan hatte. „Du meinst, du willst mich von diesem viehischen Akt befreien durch deinen liebevollen Umgang mit mir, aber dann sehe ich dich niemals wieder?“

Sie hatte den Nagel mitten auf den Kopf getroffen. Genau das hatte er vor gehabt. Aber diese reizende junge Frau mit dem klangvollen Namen Julia hatte eine Saite in seinem Herzen zum Schwingen gebracht, in Resonanz mit ihr, und nun wusste er das selber nicht mehr. So unentschlossen hatte er sich selbst wirklich noch nie erlebt, in keiner Situation.

„Ich denke da an eine tiefe Freundschaft, Julia“, antwortet er ihr bedächtig. „Ich will dich nicht einfach ebenso wie er flachlegen. Ich habe drei Frauen, zu denen ich regelmäßig zurück komme, die aber ansonsten ihr Leben völlig normal weiter leben. Du bist eine interessante, schöne Frau, Kleines, und du gefällst mir immer mehr. Das kann ich nicht verhehlen. Ich bin an einer solchen Freundschaft mit dir interessiert, einer anderen Art von Freundschaft, einer, in der ich sowohl deinen Geist wie deinen Körper lieben werde auf meine eigene Art.“

„Sagen das denn nicht alle Jungs?“, fragte sie ihn deutlich verunsichert und keinesfalls misstrauisch oder provokativ. Er antwortete ihr deswegen auch ehrlich, mit einer Aussage, die ihr wirklich weiter helfen würde.

„Nun ja, alle sagen von sich, sie seien etwas Besonders, Liebes“, erklärte er ihr. „Aber nur die allerwenigsten sind das auch. Und ich bin so ein Mann, ich bin nicht ‚jeder‘. Oder macht es auf dich diesen Eindruck, wenn ich hier so mit dir sitze?“

©Matt