Bitter-tasting trust, Teil 2

Oder: Ein Gespräch mit Herrn Gernot, Teil 2

(So, Ihr Lieben, hier kommt der 2. Teil der Geschichte um Josephine, die wohl insgesamt 3 Teile bekommen wird. Ich möchte euch noch einmal auf den völlig fiktiven Charakter aufmerksam machen, denkt daran, diesen Dialog hat es so niemals gegeben, das ist keine Abschrift oder so etwas. Und ich habe mich im Nickname von Florian verschrieben, ich ändere ihn hier auf „Frantic Heart“, übersetzt: rasendes Herz. I`m sorry for that!)

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Wieder hielt Matt erstaunt im Lesen inne. Josephine war also auch noch verheiratet, das bestärkte ihn in seinem Eindruck, den er schon die ganze Zeit von ihr hatte: Sie schätzte das Risiko, das sie hier einging, nicht richtig ein, nicht ein kleines bisschen. Es gab sicherlich genügend Frauen, die sich mit Männern trafen, die geschickt im Internet mit Worten umzugehen wussten, so wie Florian neben ihm. Die dann vielleicht auch so ein Treffen dominieren konnten und hinterher zu Protokoll gaben: Er war mir aber dann doch ein wenig zu langsam und zu zärtlich. Die es gerne härter gehabt hätten. Diese Frau gehörte Matts Ansicht nach aber nicht dazu, sie zog eher den Typ Mann an, der seine eigene Schiene durchzog. Und das war generell nicht ungefährlich.

Josephine Hartmann: „Ich denke, es gibt mehr als eine Form von Liebe. Wenn ich meinem Mann nichts wegnehme, sondern eher mehr geben kann, dann fühle ich mich nicht so, als wenn ich ihn mit jemand anderem betrügen würde. Da profitierst du von der Vorarbeit dieser Autoren, die ich eben erwähnt habe. Und jetzt bin ich total unruhig und fühle mich damit ziemlich alleine! :D“

Frantic Heart: „Das Problem kenne ich. Bei Frauen gibt es so etwas. Ich hatte zwei Frauen, die beim Sex zuvor noch nie einen Orgasmus hatten. Denkst du denn, du bist so weit, dass du deine eigenen Grenzen austesten lernen willst? Dass du deine Fantasien in die Realität umsetzen willst?“

Josephine Hartmann: „Das hat mich eben auch jemand anderes gefragt, was reizt dich, der Gedanke, benutzt zu werden, Schmerzen, Erniedrigung, oder ein Konglomerat? Das fragt er mich quasi nach der ersten Mail! Nein, das liegt viel tiefer. Ich hab Probleme damit, jemandem richtig vertrauen zu können. Ich bin auch fremdbestimmt worden, aber das war beruflich und hat mich geschädigt, weil ich mich gegen Ausbeutung gewehrt habe. Ein Objekt will ich eigentlich nicht sein, aber ich habe Sehnsucht danach, mich bei jemandem fallen lassen zu können, mich jemandem hinzugeben, dem ich auch wirklich vertrauen kann, der weiß, was er da tut. Und diese Wunschvorstellung bekommt dann ganz handfeste erotische Züge bei mir. Aber bisher hat es mich nicht erregt, mit dir zu schreiben. Das würde es wahrscheinlich erst, wenn ich wüsste, dass du das wirklich auch wollen und ernst meinen würdest. Um das mal ganz klar zu sagen, das hat mir schon immer gefehlt, in der Form, dass ich zusammen mit einem Mann bisher keinen Höhepunkt hatte. Wenn ich nicht irgendwann kapiert hätte, dass ich das auch selber machen kann, würde ich meinen, ich wäre irgendwie unnormal. Das ist es aber nicht. Ich kann mich nur so ohne weiteres nicht fallen lassen, weil eben genau diese Ebene fehlt, denke ich. Warum das so ist, das weiß ich auch nicht.“

Frantic Heart: „Du willst es erleben, dich hinzugeben, du willst einmal das Objekt sein? Du willst erleben, wie es sich anfühlt, nicht bestimmen zu können und zu dürfen, dich fallen zu lassen und einfach nur zu gehorchen? Erregt es dich, mit mir zu schreiben? Und weiß dein Mann davon?“

Josephine Hartmann: „Mein Mann weiß von diesen Dingen überhaupt nichts. Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, und mit so einer Gefühlsebene würde er sich nie beschäftigen, da käme er einfach nicht drauf. Er weiß nicht, was ich für Träume habe, was ich schreibe, er weiß in der Hinsicht nur, dass ich schriftstellerisch tätig bin. Aber du darfst das nicht so verstehen, dass ich mit ihm zusammen nicht zufrieden wäre. Wir haben uns gegenseitig das Leben gerettet und wir haben wilde Zeiten durchgemacht. Das hier ist eben eine Ebene, auf die er nicht kommt. Man kann nicht alles haben im Leben, er ist wunderbar, er tut auch sehr viel für mich, er ist auch ein toller Mann, nur diese Ebene, da kommt er gar nicht drauf.

Und mein Verlangen ist immens. Ich habe angefangen, es aufzuschreiben, wenn du das lesen würdest, würdest du das wahrscheinlich nicht mehr fragen. Aber irgendwann kommt man an den Punkt, wo man sich fragt, wie das aussehen würde, wenn es real wäre. Was ich mir dann noch wünschen würde. Das ist ein riesiger Unterschied. Es gibt auch andere sehr tiefgehende Beziehungen, Liebe hat viele Gesichter. Das nimmt meinem Mann nichts, das gibt ihm eher etwas. Und ich hab nicht mehr wirklich etwas zu verlieren. Deswegen hab ich diesen Schritt gemacht.

Frantic Heart: „Wie groß ist dein Verlangen?“

Josephine Hartmann: „Ja, mein Verlangen hat eine andere Ebene als die, die ich gewöhnt bin. Keiner, der mich fragen würde, würde von mir diese Antwort bekommen. Das hat verschiedene Gründe, ich bin ja nicht unehrlich. Im Grunde fragt niemand mit so einer Intention. Wir kennen uns überhaupt nicht, und du stellst diese Frage ernster als jeder andere. Das ist sehr ungewöhnlich für mich. Aber ich nehme das ernst, du kannst mir glauben, dass ich meinen richtigen Namen so schnell normalerweise niemals herausrücken würde. Ich kann deine Intention dabei nicht verstehen, aber ich hab das Gefühl, dass du es ernst meinst. Deswegen fühle ich mich im Moment nicht unwohl. Aber wie hast du das eben mit deiner Anrede gemeint, als du mich ’subi‘ genannt hast? War das abwertend gemeint?“

Matt stutzte wieder. Diese Frau behielt den Überblick über dieses Gespräch besser als er, dachte er anerkennend, aber er war auch der Ansicht, dass man Frauen an bestimmten Punkten nicht allzu viel reden lassen sollte. Das waren die Punkte, an denen dann er handelte und den Frauen, die er sich vornahm, das Reden verging. Florian konnte das nicht tun, das war einer der Nachteile des Internets, dachte Matt leise in sich hinein grinsend. Er schien das mit kurzen und knapp formulierten Fragen und Antworten auf ihre Fragen zu versuchen. Aber Matt fragte sich auch, wie sich Florian wohl verhalten würde, wenn er diese Frau jetzt vor sich sitzen haben würde.

Frantic Heart: „Du meinst, als wir über das waterbording gesprochen haben und ich ’subi‘ gesagt habe? Das war nicht abwertend gemeint, das ist die normale Ansprache. Also eigentlich ist das eine lieb gemeinte Ansprache.“

Josephine Hartmann: „Ich frage mich gerade, ob du mich auch so anreden würdest und ob das unter ‚Kontrolle abgeben‘ fällt, will sagen, ob ich so eine Frage überhaupt stellen dürfte.“

Frantic Heart: „So! Da habe ich dich! Natürlich darfst du mir eine Frage stellen, ich entscheide dann, ob ich bereit bin, sie dir auch zu beantworten. Was geht jetzt in dir vor?“

Josephine Hartmann: „Ich fühle mein Herz. Linksthorakal, genau, ist richtig!“

Frantic Heart: „Erregtheit? Aufgeregt?“

Josephine Hartmann: „Aufgeregt ja, massiv! Und erregt, also so, als wurde man gerade erschreckt.“

Frantic Poison: „Sag mir nochmal, wo du gerade bist und was du anhast!“

Josephine Hartmann: „Ich bin in meinem Zimmer, wir schlafen getrennt. Aber die Tür ist immer offen, ich kann also nicht reden. Und ich habe ein T-Shirt und eine Leggins an.“

Frantic Heart: „Keine Unterwäsche?“

Josephine Hartmann: „Doch, 😀 .“ Klar, Unterhose und BH eben.“

Frantic Heart: „Ich will, dass du den Slip ablegst. du wirst keinen Slip tragen heute!“

Josephine Hartmann: „Es könnte sein, dass mein Mann noch im Bad ist!“

Frantic Heart: „Schau nach!“

Josephine Hartmann: „Sekunde!“ und nach 1 Minute: „So, wieder da! Er ist nicht hier oben.“

Frantic Heart: „Das war aber eine lange Sekunde!“

Josephine Hartmann: „Ja, weil ich ihn schon ausziehen wollte, aber dann hab ich befürchtet, er kommt doch hoch. Du machst jetzt aber keinen Blödsinn mit mir?“

Frantic Heart: „Nein. Ich will nur, dass du dies für mich tust, wenn es geht.“

Josephine Hartmann: „Ja, es wird gehen.“

Frantic Heart: „: Ich will, dass du nach und nach ganz langsam Dinge für mich tust. Ich kann dich beruhigen. ich erwarte nichts Schlimmes von dir, aber ich erwarte, dass du das auch tust!“

Josephine Hartmann: „ 😀 Alles klar!“

Frantic Heart: „Und denk schön brav an mich!“

Josephine Hartmann: „Darauf kannst du Gift nehmen! Willst du wissen, was so gerade bei mir abläuft? Interessiert dich das?“

Frantic Heart: „Na, dann mach mal! Oder willst du lieber, dass ich mich weiter mit dir befasse?“

Josephine Hartmann: „Wie du willst!“

Frantic Heart: „Wie sehr fühlst du dich gerade zu mir hingezogen?“

Josephine Hartmann: „Oh Mann, wenn ich nur wüsste… sehr!“

Frantic Heart: „Wenn du nur was wüsstest?“

Josephine Hartmann: „:D Was du damit bezweckst!“

Frantic Heart: „Wie sehr erregt dich meine Anwesenheit?“

Josephine Hartmann: „Jetzt im Moment bin ich sehr froh, dass du überhaupt da bist!“

Frantic Heart: „Das ist aber nicht die Antwort auf meine Frage. Ja, ich bin noch hier und ich habe mir sogar heute Nacht für dich Zeit genommen, obwohl ich in ein paar Stunden schon arbeiten muss.“

Josephine Hartmann: „Ja, das weiß ich, es ist ja auch schon 2:00 Uhr durch. Wenn ich froh bin, dass du da bist, dann bin ich nicht so erregt für den Moment. Da müsste ich echt lügen, aber ich bin ja auch nicht dauergeil oder so etwas.“

Frantic Heart: „Ich wollte nur eine Antwort. Bist du ungestört?“

Josephine Hartmann: „Ja, jetzt ja!“

Frantic Heart: „Du willst mir gehorchen?“

Josephine Hartmann: „Ja!“

Frantic Heart: „Fühlt es sich gut an das zuzugeben?“

Josephine Hartmann: „Du willst ja nicht hören, was ich zu erzählen hätte! Ja, ich bin sogar ein wenig stolz darauf!“

Frantic Heart: „Doch, will ich. Du hast nicht reagiert darauf, als ich geschrieben habe, dass du loslegen sollst.“

Josephine Hartmann: „ 😀 Und ich wusste nicht, ob du das jetzt hören willst oder selber etwas machen willst! Willst du, dass ich dir das sage, wenn es mir wichtig ist?“

Frantic Heart: „Ja.“

Josephine Hartmann: „Ok, ja, also wichtig ist es auf jeden Fall! Ich wollte dich jetzt nicht…., na, ist ja jetzt auch egal. Ich habe versucht, deinen Wunsch zu erfüllen, und es auch geschafft. In den vergangenen Minuten hab ich mich wieder beruhigt, du hast mich so verschreckt, dass deine Anwesenheit mich erst auch nicht mehr beruhigen konnte.“

Frantic Heart: „Was für einen Wunsch?“

Josephine Hartmann: „Den mit dem Slip!“

Frantic Heart: „Du warst die ganze Zeit erregt!“

Josephine Hartmann: „Erregt? Verängstigt! Erschrocken!“

Frantic Heart: „Was bist du jetzt?“

Josephine Hartmann: „Jetzt gerade fühle ich mich so lebendig! Ich hab beschlossen, mich so zu pflegen, wie ich es tun würde, wenn du jede Minute vor der Tür stehen könntest.“

Frantic Heart: „Okay, und das tat dir gut?“

Josephine Hartmann: „Gut tun ist da nicht der richtige Ausdruck. Ich hatte keine Freude mehr am Leben, und heute hat mich es gefreut, lebendig zu sein! Ich kann dir das unmöglich heute Nacht erklären.“

Frantic Heart: „Du bist bereit, dich mir hinzugeben.“

Josephine Hartmann: „Du bringst das immer so direkt auf den Punkt! Ja! Und ich hab so langsam das Gefühl, dass das so richtig ist. Bei mir ist das so, entweder es kommt sehr schnell oder nie! Aber dass es sehr schnell kommt, hab ich natürlich nur selten bisher erlebt.“

Frantic Heart: „Und nun ist es so. Du willst, dass ich die Macht über dich übernehme, über deinen Körper und auch über deinen Geist.“

Josephine Hartmann: „Wie du das ausdrückst! Da muss ich erst mal tief Luft holen.“

Frantic Heart: „So, wie es ist, denke ich.“

Josephine Hartmann: Ja, ich bin dazu bereit, ich hab nur eine Bitte.“

Frantic Heart: „Sprich!“

Josephine Hartmann: „Ich möchte, dass du mich anschaust und ehrlich bist, und wenn dir nicht gefällt, was du siehst, mir das ehrlich sagst. Es ist ganz egal, wie andere das sehen, ich hab da ein grundlegendes Problem mit meinem Aussehen. Immerhin bin ich 10 Jahre älter als du, und mein Körper gibt langsam nach. Ich meine, ein Model war ich nie, aber bevor ich mich darauf einlasse, möchte ich von dir wissen, ob du damit klar kommst, oder was es dir ausmacht.“

Frantic Heart: „Dann zeige dich mir komplett!“

Josephine Hartmann: „Das kann ich eigentlich erst morgen, wenn mein Mann nicht da ist, das geht jetzt nur sehr schwer. Ähm, du meinst, du willst mich erst im Ganzen sehen?“

Frantic Heart: „Ja, wenn du eine ehrliche Antwort willst….“

Josephine Hartmann: „Ja, ganz sicher! Okay, ich muss nur noch warten, bis mein Mann noch einmal hier drinnen war, dann geht es, nicht zum Reden, aber zum Zeigen, und nur ganz kurz.“

Frantic Heart: „Ok.“

Josephine Hartmann: „Aber ich hätte wenigstens gerne Reizwäsche angezogen, oh Gott!“

Frantic Heart: „Ja das darfst du. Erregt dich der Gedanke sehr?“

Josephine Hartmann „:D das geht jetzt aber nicht mehr!“

Matt hatte noch nie erlebt, dass ihn ein Dialog dermaßen fesseln konnte wie der, der sich gerade vor seinen Augen entwickelte. Normalerweise hätte er so etwas langweilig gefunden, aber nicht jetzt, jetzt fand er die Psychodynamik, die sich bei beiden Beteiligten entwickelte, faszinierend. Sowohl die der Frau wie auch die seines Freundes, den er nicht wieder erkannte. Es war Matt ganz klar, so etwas machte die Frau zum ersten Mal, sein Freund hingegen nicht, der verhielt sich ausgesprochen erfahren. Und noch etwas hatte einen solchen Einfluss auf Matt, dass er begann, unruhig sein Gewicht auf dem Sessel zu verlagern, immer hin und her. Diese Frau hatte ganz sicher kein Gefühl von Erregung oder gar Lust, wenn sie sich Florian jetzt vor der webcam zeigen sollte.

Frantic Heart: „Was? Dich zu zeigen oder Reizwäsche anzuziehen?“

Josephine Hartmann: „Mich zu zeigen!“

Frantic Heart: “Doch, das geht, in Reizwäsche oder auch ohne!“

Josephine Hartmann: „Erregt sein? Ich hab eine Todesangst davor!

Frantic Heart: „Und wieso kannst du die Reizwäsche nicht mehr anziehen?“

Josephine Hartmann: „Weil wir unsere Schlafzimmer getrennt haben, warte mal, Sekunde!“

Frantic Heart: „Ok.“

Josephine Hartmann: „Sekunde!“

Frantic Heart: „Ok.“

(Nach ein paar Minuten) Josephine Hartmann: „Oh Mann, jetzt war ich im Schlafzimmer, mein Mann schläft schon. Und ich hab die Reizwäsche herausholen können, ohne dass er etwas gemerkt hätte. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!“

Frantic Heart: „Er ist weg?“

Josephine Hartmann: „:D Ja, ist er, gleich geht es.“

Frantic Heart: „Ok. Ich bin gespannt.“

Josephine Hartmann: „Hm, erregt dich das denn?“

Frantic Heart: „Ja. Macht erregt, und die habe ich und ich bin gespannt.“

Matt musste fast gewaltsam einen Impuls unterdrücken, seinen Freund von der Seite her anzustarren. So klar hatte er noch niemals von ihm seinen Bezug zur Macht gehört, Macht ausüben oder Macht über sich selbst erleben, ganz egal. Matt war an dieser Stelle dermaßen in den Dialog involviert, dass er ganz spontan dachte: So würde ich das niemals tun!, und sich damit impulsiv in die Rolle der Frau hinein dachte. Deswegen war er über ihre Antwort dann auch nicht wenig verblüfft.

Josephine Hartmann: „:D Ok, das verstehe ich, ja. Du kannst wirklich Gift darauf nehmen, dass ich das niemals tun würde, du bist die einzige Ausnahme. Weil es für mich nämlich noch schmerzhafter wäre, wenn du das erst sagst, wenn ich Gefühle für dich zugelassen habe. Aber eines muss ich dir auch noch sagen, darf ich?“

Frantic Heart: „Ja!“

Josephine Hartmann: „Ich kenne mich mit dieser ganzen Materie nicht aus, aber ich weiß, was Demütigung ist. Von meiner Arbeit her. Also wenn es um Demütigung geht, da habe ich einschlägige Erfahrungen, und zwar ganz reale. Ich werde im Moment ganz einfach über das Ohr gehauen von meinem Seniorpartner, und ich kann nichts dagegen tun. Und das, nachdem ich so viele Jahre dort geschuftet habe wie ein Tier! Daran musst du denken, das ist kein Spiel für mich. Wenn du so etwas gerne machst, dann musst du mir vorher klar machen, dass es bei dir anders ist.“

Frantic Heart: „Ich achte auf dich, denn als erstes kommt der Mensch, dann die Neigung.“

Josephine Hartmann: „Ich sage dir das nur, weil mich das schwer geschädigt hat.“

Frantic Heart: „Ich werde dir jeden Schritt erklären und erläutern.“

Josephine Hartmann: „Ja, ich sag immer, alles ist gut und schön, man kann mit allem spielen, so lange man nicht selber darunter ernsthaft gelitten hat und dadurch geschädigt wurde.“

Frantic Heart: „Ich war mit einer nervenkranken Frau zusammen.“

Josephine Hartmann: „Was hatte sie denn?“

Frantic Heart: „borderline“

Josephine Hartmann: „Ah, ok, schwer oder leicht?“

Frantic Heart: „Schwer!“

Josephine Hartmann: „Und wie lange hast du es mit ihr ausgehalten? Beziehungsweise,  was hat euch getrennt?“

Frantic Heart: „Vier Jahre, fast fünf.“

Josephine Hartmann: „Das ist wirklich lange. Und wieso ging es zu Ende?“

Frantic Heart: „Es ging nicht mehr. Man wird kalt und stumpft ab.“

Josephine Hartmann: „Ja, mein Mann hat schwere Zeiten mit mir durchgestanden. Eigentlich gehen unter so etwas alle Ehen kaputt. Wenn du mich so triffst, merkst du mir das nicht an, aber ich habe Schwächen

Frantic Heart: „Ich werde behutsam sein mit dir.“

Josephine Hartmann: „Ich will damit sagen, dass ich im Alltag Probleme habe, überhaupt wieder Fuß zu fassen und ein geregeltes Leben auszubauen, aber vom Umgang her und psychisch merkt man es eigentlich nicht mehr.“

Frantic Heart: „Ist mir völlig bewusst.“

Josephine Hartmann: „Ich habe nur Stimmungsschwankungen in der Art, dass ich mal mehr, mal weniger belastbar bin, und das kann plötzlich kommen.“

Frantic Heart: „Okay das habe ich verstanden. Ich werde behutsam vorgehen und darauf achten, wie du drauf bist. Bist du bereit?“

Matt sah auf. Er war am Ende des Dialoges angekommen und sah auf den Bildschirm seines Freundes. Wie er erwartet hatte, zeigte der dasselbe Bild an. Florian nahm ihn nur am Rande wahr und bedeutete ihm, naher zu ihm heran zu rutschen mit dem Sessel. Er drehte den Bildschirm so, dass sie beide nun gut sehen konnten, was er zeigte. Matt konnte es irgendwie nicht glauben, dass es das zu werden schien, was er gerade dachte, aber es war so. Die fremde Frau machte ernst, sie verließ sich auf die Angaben und vertrauensbildenden Maßnahmen eines ihr völlig fremden Menschen aus dem Internet und war dabei, ihre webcam einzuschalten. Matts Geist war wie leergespült. Er war nicht erregt, und er wollte in die Augen der fremden Frau sehen. Jetzt würde er das gleich tun können. Florian neben ihm dagegen war erregt. Er rutschte unruhig auf seinem Sessel herum, seine Augen waren starr auf den Bildschirm gerichtet. Matt hatte keinen Zweifel, er würde jetzt auch seinen Schwanz herausholen, wenn ihm danach war. Aber so weit schien er noch nicht zu sein, er wartete nur äußerst angespannt erregt.

Josephine Hartmann: „So, warte mal, wenn ich jetzt auf Video-Anruf gehe….“

[02:58:17] *** Anruf an Frantic Heart ***

[02:58:25] Frantic Heart: „So, ich sehe deinen Kopf!“

[02:58:35] Frantic Heart: „Und ich weiß nicht, wieso du dich versteckst!“

[02:58:59] Frantic Heart: „Das hast du nicht nötig!“

Tatsächlich sah auch Matt jetzt das Gesicht der Frau in einem ungesund blassen Licht, das wahrscheinlich ihr eigener Laptop abstrahlte. Er sah ihr in die Augen, sah ihre Not, ihre Angst darin, diesen Ausdruck kannte er nur zu gut. Sie war an einem Punkt, wo er sie aufgefangen hätte, wäre er derjenige, der dieses Gespräch führen würde. Und Florian hatte durchaus Recht, Josephine hatte entfernte Ähnlichkeit mit seiner Charlene, sowohl vom Alter wie auch vom Typ her. Sie gefiel auch ihm auf Anhieb. Sie war vor dem Bildschirm, mehr als ihr Gesicht war von ihr nicht sichtbar.

[02:59:52] Sophia: „Ja, siehst du mich?“

[02:59:56] Frantic Heart: „Ich will nun Stück für Stück mehr von dir sehen!

[03:00:00] Frantic Heart: „Ja, ich sehe dich!“

[03:00:44] Frantic Heart: „Weiter!“

[03:01:18] Frantic Heart: „Zieh den BH aus für mich!“

[03:01:51] Frantic Heart: „Wie geht es dir?“

Diese Frage war rein rhetorischer Natur für Matt. Josephine hatte feucht glänzende Augen, und es zogen sich zwei Falten um ihre Mundwinkel. Es ging ihr ganz offensichtlich und für jeden sichtbar nicht gut. Sie trat aber etwas vom Bildschirm zurück, zog aber den schwarzen Spitzen-BH folgsam aus und entblößte ihre vollen Brüste. Florian wurde neben ihm noch unruhiger.

[03:02:02] Sophia: „Schlecht!“

[03:02:17] Frantic Heart: „Das muss es nicht. Du tust es für mich!“

[03:02:21] Frantic Heart: „Und du willst es tun!“

[03:02:38] Sophia: „Ich zieh mich wieder an, Sekunde.“

[03:02:44] Frantic Heart: „Stop!“

[03:03:07] Frantic Heart: „Lass ihn aus. Fang an, dich so zu akzeptieren wie du bist.“

[03:04:08] Sophia: „Da würde mein Mann Augen machen, das geht nicht!“

[03:04:31] Frantic Heart: „Ich will, dass du dir in deinen Schritt fasst für mich!“

[03:04:45] Sophia: „Das stimmt, ich mache das für mich, weil ich wissen will, ob ich dich abstoße.“

[03:05:03] Sophia: „Was, vor der Kamera?“

***

©Matt

Zufällige Begegnung (Julia), Teil 1

Es war alles an diesem Tag reiner Zufall, wenn man denn an Zufälle glaubte. Matt hatte seinen schwarzen Mercedes zwei Straßen weiter abgestellt und befand sich auf raschem Weg zu einer seiner devot ihm zugehörigen Frauen. Die Ärztin kannte er schon eine ganze Weile und besuchte sie regelmäßig oder bestellte sie seinerseits an ihm genehme Orte, auch in die Waldhütte hatte er sie schon kommen lassen. Er wusste, die hart arbeitende Frau liebte ihn, man konnte getrost sagen, sie war ihm im Spiel um Macht, Dominanz und Ergebung verfallen. Er hatte ihr befohlen, alles zu besorgen und bereitzuhalten, was er für sie benötigen würde, er hatte also selber nichts als seine Schlinge dabei, die er immer bei sich trug. Er ging nicht leichtfertig mit den Gefühlen der Frauen um, die er in seiner weiteren Peripherie hatte, auch Charlene besuchte er regelmäßig, er wusste, sie würde sonst wirklich leiden. Er hatte seine Frauen gezähmt und an sich gewöhnt, nun war er auch für sie verantwortlich, und dieser Verantwortung stellte er sich gerne. Er war nicht verheiratet, er fühlte sich frei und damit mächtig, denn er war es nicht nur geschäftlich, sondern damit auch privat. Keine Frau auf diesem Planeten hatte Macht über ihn, aber das hieß nicht, dass er für diese Frauen nicht eine starke Zuneigung hegte, die manchmal sogar er als Liebe bezeichnete. Die Frauen wiederum hatten ihre Selbstkontrolle an ihn abgegeben, zwei bisher völlig und ein paar wenige weitere in Teilbereichen, sie hatten sich ihm in Liebe ergeben, ein Gefühl, dass noch wesentlich stärker werden konnte als in einer normalen Liebesbeziehung, das war Matt klar, und das war auch sein Ziel bei manchen Frauen. Er konnte es in ihren Augen lesen, manchmal bettelten sie ihn um Schläge geradezu an, auch wenn sie sich gegen ihn heftig wehrten. Die Psychologie der menschlichen Lust war komplex, ein ausgewogenes Maß an sadistischem Zwang und liebevollem Umgang war für manche der Frauen ein einzigartiges Erlebnis. Matt wusste nicht, wie er das bezeichnen sollte, auch vor sich selber nicht. Aber dann war es, als würde er nicht nur in seinem Bewusstsein, sondern auch in dem der Frau weilen und genau fühlen können, was sie wirklich brauchte, wonach sie sich wirklich sehnte unter all den Schichten der gesellschaftlichen Anpassung und Erziehung. Wenn er selber eine devote Seite in sich besaß, dann war sie so gering ausgeprägt, dass er sie nicht als solche wahrnehmen konnte, und er stieß seinerseits auch in aller Regel auf Frauen, die sehr devot veranlagt waren, die er in dieser Hinsicht nur noch befreien musste. Aber er besaß auch eine sehr liebevolle Seite, er konnte seine Frauen wirklich gut auffangen nach einer Sitzung mit ihm. Vielleicht war das das Devote in ihm selbst, das wusste er nicht. Manche Frauen hatte er nur für einige Monate, dann führten ihre Lebenswege wieder auseinander. Manche Frauen führte er als sein Eigen für Jahre, Jahre, in denen sie noch nicht einmal seinen wahren Namen kannten. Er wusste nicht, wie er das bezeichnen sollte, aber bei manchen Frauen handelte er, als wären er und sie ein gemeinsames Bewusstsein, dann konnte er auch erfühlen, wie sehr die Frau noch wirklich an ihm hing. Er mochte diese ihm eigene Fähigkeit nicht einfach benennen als Empathie, er beließ es lieber bei dieser selbst für ihn vagen Umschreibung.

Matt wechselte in Gedanken versunken mit raschen, weit ausgreifenden Schritten die schmale Wohnstraße in Düsseldorfs vornehmer Stadtwohngegend direkt am Rhein, in Oberkassel. Mit leicht vorgebeugten Schultern und gesenktem Gesicht wirkte er, als würde er sich gegen einen Sturm stellen, aber er war nur in seine eigenen Gedanken und Reflexionen versunken. Er hatte ein gutes Geschäft abgeschlossen, im Finanzbereich war er geschickt und risikobereit, ein Raubfisch ganz sicher. Er wusste, sein Testosteron versetzte ihn in die Bereitschaft, ein Risiko über alle Vernunft hinweg anzunehmen. Gerade im Finanzwesen, das nach wie vor von Männern dominiert wurde, war Testosteron eine überaus wichtige Triebfeder, und das männliche Sexualhormon war dafür im Bewusstsein der Gesellschaft noch nicht einmal so bekannt. Ein Erfolg einer Aktie motivierte die Börsianer, es dem Glücklichen gleich zu tun und es mit dieser Aktie ebenfalls zu versuchen. Diese Risikobereitschaft bei der einzelnen Transaktion war die Auswirkung des Testosterons, diese Aktie stieg und stieg, sie weckte die Begehrlichkeiten der beteiligten Börsianer wie eine schöne Frau. Die Männer in Anzug und Krawatte, die so kühl geschäftsmäßig wirkten, verhielten sich in Wahrheit nach demselben Beuteschema, mit dem sie eine schöne Frau ansahen. Oft ersetzte der risikoreiche Handel mit dem An- und Verkauf von Aktien sogar den entsprechenden Umgang dieser Männer mit den von ihnen begehrten Frauen, den sie sich vielleicht nur erträumen konnten. Oft waren diese Männer in der Wirklichkeit nicht in der Lage, sich eine begehrenswerte Frau auch zu greifen. Die gesellschaftliche Normierung, private Kompromisse und Verpflichtungen und sehr häufig auch einfach mangelnder Mut oder grundsätzlicher, tief sitzender Zweifel an der eigenen Manneskraft, das alles waren Gründe für so ein Verhalten der Überzahl der Männer auf diesem Parkett. Das tiefsitzende Schönheitsideal, das fest im kollektiven Empfinden der Gesellschaft verankert war, tat sein Übriges. Matt kannte viele der Börsianer persönlich, er wusste das aus eigener Anschauung. Der Handel mit Aktien ersetzte ihnen den Fick mit einer begehrenswerten Frau. Fand so etwas in großem Stil statt, dann nannte man das eine Blase, der Wert der Aktie auf dem Börsenparkett überstieg dann manchmal weit ihren realen Wert. Untersuchungen nach dem Börsencrash 2008 hatten genau diesen Mechanismus frei gelegt, und daraus hatte auch Matt gelernt. Er musste lächeln. Frauen besaßen wenig Testosteron, das war manchmal ihre Stärke und manchmal auch ihre Schwäche.

Matt besaß unter anderem auch einen Börsenschein, er war also berechtigt, direkt an der Frankfurter Aktienbörse zu spekulieren. Er hatte von einem seiner Geschäftspartner einen Wink bekommen und gehandelt, mit Erfolg. Der Erfolg, so sinnierte er, bestand darin, diesen eigentlich fiktiven Wert einer Aktie zu mehren und ihn in klingende Münze umzuwandeln, bevor die Aktie abstürzen konnte. Das war ihm wieder einmal gelungen, aber das war bei weitem nicht immer so. Matt empfand sich als nicht den Regeln der Gesellschaft unterworfen, auch in diesem Bereich bedeutete das für ihn eine gewisse Überlegenheit. Er handelte gewiss risikobereit, aber er musste seine Triebe nicht unterdrücken. Das befähigte ihn dazu, auch im hitzigsten Handel auf dem Börsenparkett einen kühlen Kopf zu bewahren. Seine Fähigkeit, komplexe logische und nichtlineare Muster zu erkennen, tat ihr Übriges, genauso wie seine blitzschnelle Auffassungsgabe dabei. Er hatte die Aktien rechtzeitig abstoßen können heute Vormittag, er roch es quasi, sie würden heute Nachmittag schon fallen. Dieser Handel bedeutete auch für einen wie ihn den Erwerb von Geld in einem Maße, wie er dafür vielleicht einen Monat harter Arbeit hätte ansetzen müssen. Er war also bester Laune und hatte beschlossen, sich nach Düsseldorf zu begeben und seiner Chilly einen Besuch abzustatten.

Matt musste unvermutet einer alten Dame mit Hündchen an der Leine ausweichen und sah stirnrunzelnd auf. Er stand noch immer unter Strom, der erfolgreich abgeschlossene Handel versetzte ihn quasi in einen Testosteronrausch. Er hätte die alte Dame fast überrannt.

Dabei fiel ihm etwas weiter vor ihm eine junge Frau auf. Sie sprang gerade elastisch von ihrem Fahrrad ab und führte es geschickt bis an die Eingangstür in eines der alten, stuckverzierten Reihenhäuser aus der Barockzeit. Ihre geschmeidigen Schritte und der Sprung hatten ihren sehr kurzen Rock leicht verschoben, Matts Augen fanden ruckartig ins Hier und Jetzt zurück. Sie setzte ihre schlanken, ansehnlichen Beine so mit einer unabsichtlich wirkenden, natürlichen Grazie in Szene, sie warf die langen, schwarzen Haare energisch zurück, ihren ganzen schlanken Körper erfüllte eine gespannte, fröhliche Energie. Matt sah ihr lächelnd hinterher. Sie war alles in allem einfach interessant, leuchtend, eine junge, lebensfrohe Persönlichkeit strahlte aus ihren dunklen Augen, er brauchte das Lächeln auf ihren Lippen nicht zu sehen, ihr ganzer Körper strahlte diese unverbrauchte Frische aus.

Sie verschwand in dem Gebäude, und die schwere Holztür hatte sich noch nicht ganz wieder geschlossen, da hielt ein Mann sie fest. Ein unauffällig in schwarz gekleideter Mann, der genauso schnell, wie er in Matts Gesichtsfeld aufgetaucht war, auch schon fast verstohlen wirkend ebenfalls im Haus verschwand. Matts Sinne registrierten diese Handlung blitzschnell, er wusste es sofort und sicher, da stimmte etwas nicht. Und seine Reaktion war ebenso unvermittelt und sicher, er handelte rein aus dem Bauch heraus, intuitiv, er spürte die Gefahr förmlich dräunend um sich selbst herum. Vielleicht hatte die junge Frau ihn mit ihrem natürlichen Charme bezaubert, vielleicht war es ein Schutzreflex, wie er ihn gehabt hätte, wenn er ein Rehkitz im hohen Gras versteckt gefunden hätte. Später wusste er das selber nicht mehr, aber er handelte sofort.

Matt war nur wenige Sekunden später an dem Haus angelangt. Normalerweise steckte er seine Nase nicht in fremde Angelegenheiten, aber irgendetwas ließ ihn hier und jetzt anders handeln. Er besah sich kurz und scharf das Schloss der Haustür und fand, dass es ein altmodisches Türschloss war. Dabei angelte er schon in seiner Manteltasche nach seinem Schlüssel, an dem er einen kleinen Dietrich hängen hatte. Er brauchte ein paar Minuten konzentrierter und unauffälliger Arbeit, dann sprang die Zarge zurück und die Tür war offen. Er schlüpfte rasch in die Dunkelheit des Treppenhauses.

Noch während er die schwere Tür leise hinter sich zu fallen ließ, hörte er Geräusche aus dem ersten Stock. Leises Schreien, schwere Schritte, dann ein Poltern. Eine Tür fiel zu. Diese Geräuschkulisse genügte seinen angespannten Sinnen, er sah förmlich vor sich, was da passierte, wenn es auch in schwarz-weißen Bildern vor seinem inneren Auge vorbei raste. Blitzschnell spurtete er die Treppe übers Eck nach oben und verhielt vor der jetzt gerade geschlossenen Eingangstür in eine Wohnung. Er neigte sein Ohr gegen die Tür, und was er hörte, war eindeutig, eindeutiger konnte es nicht mehr werden. Ein Fahrrad fiel klappernd auf einen Holzboden und rutschte ein ganzes Stück. Eine Frau schrie auf, eine helle, junge Frauenstimme, er hörte die schweren Schritte eines anderen, eindeutig eines Mannes. Er hörte, wie er die Frau anfuhr, wie er sie hochzureißen schien, ihren Schreien nach an ihren Haaren. Er schleifte sie über den Boden und warf sie auf etwas Nachgiebiges, ein Bett oder ein Sofa. Matt hatte die Situation vor seinem inneren Auge, als wäre er in der Wohnung, immer noch in schwarz-weiß, als wäre seine Phantasie eine Kamera mit einem entsprechend eingelegten Filmmaterial. Während er seinen Dietrich erneut einsetzte, hörte er das gepeinigte Schluchzen der Frau, jetzt an derselben Stelle bleibend, ihr leises Zappeln durch die Tür. Er hörte, wie ihr ihre Kleidung mit einem lauten Knirschen vom Leib gerissen wurde. Sie schrie auf, oder zumindest versuchte sie es, denn dann war ihr Schreien nur noch sehr gedämpft zu hören, der Mann musste sie sofort geknebelt haben. Dann wurde ihr Schreien lauter durch den Knebel, panischer, und sie schrie einmal so gepeinigt auf, dass es Matt kalt überlief, der Mann tat dieser jungen Frau gerade eine entsetzliche Gewalt an, und in diesem Moment sprang vor Matt die Tür mit einem leisen Klicken auf.

Er öffnete die Tür und konnte sofort die Lage übersehen. Die Frau war grob und hastig mit ausgebreiteten Armen an ihrem Bett fixiert worden, auf das er durch einen Wohnraum mit dem umgeworfenen Fahrrad und eine geöffnete Tür hindurch in einem Schlafzimmer sehen konnte. Der Mann hatte sie mit Drähten um die schmalen Handgelenke an ihr eigenes Bett gefesselt und sich massig über ihren nackten, nur halb entkleideten, schmalen Leib geworfen. Er war bereits in sie eingedrungen, wie ihr Schrei es Matt bereits hatte wissen lassen, und stieß sie nun rhythmisch hart nach oben.

Matt war für einen Moment nicht in der Lage, sich zu bewegen. Sie hatte ihren Kopf zur Seite gedreht, starrte blicklos ins Leere, sie erschien ihm nicht mehr von Leben erfüllt zu sein als eine Puppe. Matt hatte niemals in einem Krieg gekämpft, aber ihm war auf der Stelle klar, dass die Frau sich in ihr ureigenes Innerstes zurückgezogen hatte, in ihr letztes Zuhause, dass diese Form der Gewalt gegen ihren Leib und ihre Seele in ihr verwüstetes Land schuf. Als er die Geräusche gehört hatte, hatte er den Schrecken kognitiv schon begriffen, aber erst jetzt, da er es auch mit eigenen Augen sehen konnte, erfasste er das wirkliche, reale Grauen, das die junge Frau fest gepackt hielt. Er musste nicht in ihre Gesichtszüge sehen, die leblos erstarrt und bar jedes Ausdrucks waren, er sah es an ihren fest angespannten Gliedmaßen, ihrer ungeheuer flachen und schnellen Atmung. Von Verstandesseite her wusste er sehr wohl, dass er an ihrem jetzigen Schicksal keine Schuld trug, aber sein Bauch sagte ihm etwas völlig anderes. Sein Bauchgefühl schaltete die Logik aus. Er verstand etwas von Lust und Angst, von Gewalt und Zwang, aber er würde dennoch niemals verstehen, wie ein Mann an einer so unter ihm liegenden Frau Gefallen finden konnte und darüber hinaus sogar eine triebhafte Befriedigung seiner sexuellen Gelüste. Die Angst war ein starkes Stimulans, sie bewirkte, dass jede Menge Hormone ausgeschüttet wurden, aber eine derartige Panik war wie ein verheerender flächiger Großbrand aller ihrer lebenserhaltenden Systeme, angefangen bei ihrem Geist und ihrer Seele. Der Mann hatte zugegriffen, bediente sich brutal an ihrer Mitte, am Mittelpunkt seines Interesses an ihr, hielt ihren panikstarren Leib auf Spannung, genoss diese Art ihrer Spannung sogar. Und die Frau unter ihm haushaltete sichtbar mit ihrer noch verbliebenen Energie, aber lange würde sie ihm und seinem Wüten in ihr nicht mehr standhalten können. Gleich würde ihr Leib brechen, weich werden, und damit auch ihr Geist. Gleich würde er zu ihrem innersten Kern durchdringen, den sie noch beschützte, und dann würde die Gewalt ihre weiche Seele verschlingen.

So eigenartig es sich bei Matts Vorlieben und Ansichten, bei seinem Tun, seinem Handeln an Frauen  auch anhörte, Matt war noch niemals Zeuge einer solchen Szene geworden. Wenn er eine Frau in seinen Händen hielt, in seiner Gewalt hatte, dann war er sich ihrer Schönheit, sowohl ihrer inneren wie ihrer äußeren, ständig bewusst, bei allem, was er mit ihr auch tat. Er schonte sie keineswegs, und die Grenze, an der er sich zusammen mit der Frau entlang bewegte, war haarfein, aber er kannte sie genau, und es würde ihm wirklich niemals in den Sinn kommen, diese Schönheit zu brechen. Es war für ihn schwer, es einem anderen zu erklären, aber er trat in eine Art Synergie, Koexistenz mit der unverwechselbaren Schönheit der Frau, die er nahm. Er war gemeinsam mit ihr dort, wo er sie hin brachte, er lebte und atmete in diesen Momenten dort genauso wie sie. Es war wirklich niemals sein Ziel gewesen, die Frau, mit der er sich befasste, zu zerstören. Soviel war völlig sicher.

Der Mann war so vertieft in sein Handeln, dass er Matt hinter sich völlig überhörte. Matt zögerte aufgrund der Überflutung mit Reizen und Gedanken dazu einige wertvolle Sekunden lang. Er hörte den Mann keuchen, immer lauter stöhnen, hörte, wie er ihr Schimpfworte ins Ohr raunte und sie dabei noch härter stieß, er hörte das Reiben Haut über Haut, das Klatschen Haut auf Haut, wenn er gegen ihr Becken stieß. Sein unartikuliertes Grunzen wurde zunehmend vollends enthemmt. Das riss Matt dann endlich aus seiner Erstarrung. Wie lang hatten sich diese wenigen Sekunden nun für ihn hingezogen? Und wie lang waren diese wenigen Momente wohl für die Frau, jetzt, da sie jeder Mut verlassen haben musste und ihre Kraft nicht mehr ausreichen würde, weil der Wunsch, sich endgültig aufzugeben, in ihr übermächtig wurde? Wie lang kam ihr diese kurze Zeit wohl vor, wo sie, in ihrer vertrauten Umgebung überwältigt, trotz dieses Umstandes nicht mehr stark genug sein konnte?

Matt schloss rasch die Tür und ging leise wie ein Raubtier und ebenso angespannt bis an die Schlafzimmertür. Entsetzte, angstgeweitete Augen, in Tränen schwimmend, und ihr starrer, leerer Blick, im übermächtigen Griff der Panik fest erstarrt, so sah sie in seine ruhigen Augen, ohne dabei irgendetwas zu sehen. Ihr zierlicher Leib wurde hart gestoßen, er nahm die Panik und den Schmerz der Frau so überdeutlich wahr, als würde er das tun. Als würde er sie auf dem Bett vor sich vergewaltigen. Aber so etwas tat er keine Frau an, so wie der Vergewaltiger vor ihm tat er keiner Frau Gewalt an. Er wusste, dieses Erlebnis würde das weiche Gemüt der jungen Frau brechen, sie hatte dem nichts entgegen zu setzen, keine Lebenserfahrung, keine innere Härte, keinen geschulten Verstand oder sichere Emotionen, gar nichts. Er musste nicht lange überlegen.

Er war mit zwei Schritten am Bett und riss den Mann am Kragen mit einem harten Ruck hoch. Der Mann gab ein überraschtes Keuchen von sich. Er war ebenfalls jung und gut trainiert, aber Matts schnelles, entschlossenes Handeln gab ihm den entscheidenden Überraschungsvorteil. Er riss den Körper des fremden Angreifers ganz hoch. Der Kopf fuhr zu ihm herum, der Mann richtete sich unwillkürlich auf seine Knie im Bett auf, riss sein Geschlecht aus der Frau dabei, unwillkürlich in einer für einen Mann typisch aussehenden Stellung über ihrem Körper ein neues Gleichgewicht suchend, halb über sie gebeugt.

„Was, zum Teufel…“, begann er, zu sprechen, und wurde von einem harten Boxhieb von Matt einfach aus dem Bett geworfen. Matt schlug sofort zu, auch da musste er nicht denken. Schnelles Handeln entschied über den Erfolg seines Eingreifens. Am Unterkiefer getroffen fiel der Kerl auf der anderen Seite des Bettes herunter und schlug schwer auf dem Boden auf. Sofort war Matt bei ihm, der überraschte Mann bot ihm ein leichtes Ziel. Matt konnte beileibe nicht überragend gut boxen, für so ein Training hatte er weder Zeit noch Muße genug, aber er war trainiert im Abwehrkampf Mann gegen Mann. Er riss den benommenen Mann wieder am Pullover hoch und versetzte ihm einen weiteren Hieb, der ebenso mühelos sein Ziel an seinem Unterkiefer fand, so hart, dass er seinen Kiefer knacken hören konnte. Der Mann sackte halb zusammen, wurde von Matt aber sofort auf die schwankenden Füße gerissen. Matt konnte sehen, wie der Mann mit der Zunge unwillkürlich prüfte, ob seine Zähne noch alle fest saßen.

„Raus hier, du mieses, feiges Stück Dreck“, zischte er ihn an, „bevor ich es mir doch noch anders überlege und die Polizei rufe. Mach, dass du Land gewinnst, und sollte ich dein Gesicht noch ein einziges Mal wieder sehen, dann gnade dir Gott!“ Der Mann blutete aus einer Platzwunde auf seiner Unterlippe, er rappelte sich mühsam auf und stierte Matt mit umflorten, erschrockenen Augen an. Dann drehte er sich wortlos um und taumelte aus dem Raum, verließ mehr schwankend als wirklich rennend den Tatort seines Verbrechens. Matt ging ihm ruhig hinterher und sah ihm nach, wie er die Treppen herunter hastete, ihm noch einen panikerfüllten Blick zuwarf und dann verschwand. Er schloss ruhig die Tür und wandte sich der vergewaltigten Frau zu.

Matt wusste nicht recht, was er jetzt tun sollte, in einer solchen Lage hatte er sich noch nie befunden. Die Frau lag reglos auf dem Bett, atmete noch immer flach und sehr hochfrequent, die Beine auseinander gezwungen, den Kopf auf die Seite gedreht, ihre Augen starrten blicklos geradeaus.  Er sah sie unschlüssig an und ging ruhig an dem Bett vorbei, sah aus dem Fenster zur Straße hinaus. Er sah den Mann leicht taumelnd die Straße überqueren und dabei noch seine Hose richten. Scheinbar hatte er jetzt erst bemerkt, dass sie noch auf Halbmast gehangen hatte, genauso wie sein Schwanz, als er die Wohnung so überhastet verlassen hatte. Er schüttelte leicht den Kopf und sah ihm nachdenklich nach.

Der Unterschied zwischen dem, was er mit seinen Frauen machte und dem, was sich hier gerade abgespielt hatte, war für ihn mehr als offensichtlich. Er fügte seinen Frauen Schmerzen zu, gewiss, und er jagte ihnen auch bewusst Angst ein, aber er nahm ihnen niemals jegliche Hoffnung. Angst war ein starkes Stimulans für den ganzen Körper, sie bereitete jedes Lebewesen auf diesem Planeten mit einem komplexen Bewusstsein auf eine Kampf- oder eine Fluchtsituation vor. Stresshormone versetzten den ganzen Körper in einen gespannten Erregungszustand, und der Mensch als soziales Lebewesen war darauf konditioniert, diese Angst auch zu kommunizieren, entweder durch seine Reaktionen, seinen Gesichtsausdruck oder durch die Sprache. Er war darauf ausgelegt, im sozialen Sinn um Schutz zu bitten. Matt hatte sich viel mit diesen Dingen beschäftigt, und das aus gutem Grund. Er wollte das Denken der Frauen verändern, und das konnte er nur, wenn ihr Angstniveau so steuern konnte, dass die Frauen zwar ein starkes nervöses Erregungsniveau erreichten, aber in ihrer Handlungsfähigkeit, der Abrufbarkeit ihrer Leistungsfähigkeit, noch nicht zu sehr eingeschränkt waren. Wenn er sich einigermaßen darüber im Klaren war, welche Risiken die betreffende Frau wohl in ihrem Leben schon bewältigt hatte, und darüber hinaus in seiner Einschätzung ihrer Kompetenz, dieser Situation standhalten zu können, nicht ganz daneben lag, dann wurde die Angst produktiv, sowohl für die betroffene Frau wie auch für ihn. Diese Erfahrung der Frau, dass sie sich in einer akuten Gefahrensituation befand, die sie aber bewältigen konnte, wenn sie sich ihm völlig unterwarf, führte dann zu einer von ihm erwünschten Steigerung ihres Lebensgefühls und damit auch seines Lebensgefühls. Der Kick, der Moment, in dem diese starke Stressphase, diese starke Anspannung in ihr umschlug in eine Befreiung von dieser Angstphase, der ließ die Frauen dann fliegen und ihn mit ihr. Matt hatte es gelernt, zu erkennen, wann dieser Punkt bei der Frau eintrat, und er war die ganze Zeit bei ihr und richtete sich nach ihren Reaktionen. Deswegen redete er mit ihnen, machte ihnen ihre Situation kognitiv klar, und deswegen duldete er keinerlei Abschweifung, die Aufmerksamkeit der Frau musste sich immer auf ihn und sein Tun richten. Trotz aller Gewalt und trotz seiner übermächtigen Dominanz verschmolz er mit der Frau.

Hier hatte er nun völlig unverhofft vor Augen, was passierte, wenn ein Mann sich nach diesen Gesichtspunkten nicht richtete und sich einfach von der Frau nahm, was er haben wollte. Die Angst der jungen Frau hatte sich zur Panik ausgewachsen, sie war zu der Überzeugung gelangt, dass sie sich selbst nicht mehr erhalten konnte, und alles, was ihr geblieben war, war, sich in ihr ureigenes Innerstes zurück zu ziehen und diesen letzten Bereich so lange wie möglich vor der überwältigend bedrohlichen Außenwelt zu verteidigen. Der Mann hatte dieser jungen Frau ein schweres psychisches Trauma zugefügt, er hatte ihren ureigenen Intimbereich in mehreren Formen schwerstens verletzt, einmal, indem er sie in ihrem persönlichen Rückzugsort, ihrem Sicherheitsbereich angegriffen hatte, dann, indem er ihren Körper instrumentalisiert hatte und zuletzt, indem er das, was dabei in ihr vorging, völlig ignoriert hatte. Diese Angststarre, die rasende Panik, in der sie sich befand, erlebte sie als unüberwindbar, und das würde sie für immer verändern.

Matt seufzte leise auf. Vielleicht lag es daran, dass er seine eigenen Wertmaßstäbe besaß, dass er sie nicht von der Gesellschaft bestimmen ließ. Vielleicht lag es auch daran, dass er schon viele Frauen an einem Punkt kurz vor diesem erlebt hatte. Vielleicht mochte er die junge Frau auch ganz einfach, er wusste es selber nicht. Aber die Art der Gesellschaft, mit derart traumatisierten Frauen umzugehen, verstärkte ihr Trauma gewissermaßen noch, und auch das war ihm sehr bewusst. Frauen verstärkten mit ihrer mitleidigen oder mitfühlenden Reaktion auf diesen Vorgang das eigene Erleben der Frau, sie sagten ihr damit, dass sie richtig fühlte. Und Männer wandten sich in aller Regel von derart traumatisierten Frauen zumindest innerlich ab, sie distanzierten sich von diesem Vorgang und suggerierten der betroffenen Frau damit, dass die sie umgebenden Männer an diesem Vorgang keine Schuld trugen, dass sie selber so niemals gehandelt hätten. Damit lief die Frau, wenn sie nicht wirklich stark war, Gefahr, sich selbst zumindest als hilfloses Opfer eines einzelnen gewaltbereiten Mannes zu sehen, oder sie gewann sogar unbewusst den Eindruck, dass sie durch eigenes Fehlverhalten die Gewaltbereitschaft des Mannes erst ausgelöst hatte. Die gesellschaftliche Normierung hatte die Männer unfähig dazu gemacht, sich als Vertreter desselben Geschlechtes aktiv und bewusst um die Frau zu kümmern. Es ging sie einfach nichts an, eine fremde Frau ging sie nichts an, das war eine erschütternde Wahrheit.

Die eigentliche Wahrheit dahinter war die, dass alle Männer den Keim für ein solches Handeln in sich trugen, manche mehr, manche weniger, aber es war im Mann als Verhaltensmuster angelegt. Der jungen Frau würde es nicht wirklich helfen, in Schutz, in Gewahrsam genommen zu werden. Wenn er sie jetzt einfach losbinden und trösten würde, die Polizei rufen würde, würde erst einmal eine Institution sie vereinnahmen. In der Zeit, in der sie sich beruhigen konnte, das Ganze sich in ihr legen und sie Abstand gewinnen konnte, würden sich auch diese unbewussten Vorgänge in ihr festigen. Sie würde schwer an diesem Trauma leiden, vielleicht würde sie unfähig werden, jemals wieder ein echtes Vertrauensverhältnis zu einem Mann aufzubauen. Diesen einen Vorfall, auch, wenn er ihn jetzt vorzeitig abgebrochen hatte, würde sie ihr ganzes weiteres Leben lang mit sich und in sich tragen, tief in sich versteckt, ohne dass man sie dort so ohne weiteres erreichen konnte.

Aber jetzt lag sie noch völlig offen vor ihm, beziehungsweise im Moment hinter ihm. Jetzt konnte er ihr als ein Mann, der zu einer solchen Tat ebenso fähig war und der sich dessen auch bewusst war, beweisen, dass er sich im gegebenen Falle anders entscheiden würde. Er konnte einen Kontrapunkt zu dem Handeln seines Vorgängers vorhin setzen, wenn er sich jetzt eben nicht abwandte und weg sah.  Wenn er es jetzt schaffen würde, in ihr Vertrauen zu ihm zu wecken, dann würde sie es vielleicht auch wieder in alle Männer haben können und das eben Vorgefallene als einmaligen, wenn auch schmerzhaften Vorgang ablegen können. Er seufzte leise auf. So etwas hatte er für heute wirklich nicht geplant, er hatte vorgesehen, sich ablenken und ausleben zu können. Aber er war an dem Schicksal dieser Frau nicht mehr unbeteiligt, als Zuschauer und als Eingreifender, als ihr Retter, war er nicht mehr unbeteiligt, hatte er ihr gegenüber auch eine Verantwortung. Und auch, wenn ihm das gerade gar nicht in den Kram passen wollte, wollte er sich dieser Verantwortung auch nicht entziehen. Er würde auf seine Weise versuchen, ihr zu helfen, und vielleicht würde er damit Erfolg haben. Das hoffte er zumindest.

Er senkte seufzend den Blick und zog sein kleines Smartphone hervor. Dabei verzogen sich seine Mundwinkel kurz und leicht nach oben, ein angedeutetes Lächeln, als er daran denken musste, dass so ziemlich jeder Zeuge dieser Szene, ob Mann oder Frau, empört aufschreien würde bei dem, was er nun zu tun gedachte. So etwas sollte man doch nun wirklich nicht tun, man könnte ja über vieles reden, aber bei so etwas… Ja, bei so etwas?, würde er dann ungerührt nachhaken. Er war eben nicht ‚man‘. Seine Bereitschaft zu ‚gesellschaftlich richtigem Verhalten‘ war ohnehin nur sehr schwach ausgeprägt. Doch jetzt einfach zu gehen war keine Option für ihn. Die Frage, die sich für ihn aus dieser unerwarteten Wendung der Ereignisse ergab, war für ihn eigentlich keine. Er drückte eine Kurzwahl. Am anderen Ende meldete sich sofort seine Charlene.

„Herr, wie schön, deine Stimme zu hören“, begrüßte sie ihn mit diesem leicht rauchigen Timbre in ihrer feinen Stimme, eine Frauenstimme mit einer individuellen Klasse, die ihn immer wieder neu anzog. Er schloss leicht die Augen. Er war auf dem Weg zu ihr, weil sie ihn immer wieder neu faszinieren konnte, er hatte ihr Bild vor seinem inneren Auge wie das einer Rose, die in einem Park blühte, für alle Augen sichtbar, aber sie war seine Rose. Das würde morgen immer noch so sein, und es war schon immer so gewesen, seitdem er ihr in die Augen gesehen hatte.

„Liebes, ich werde aufgehalten“, informierte er sie trotz seiner Gedanken sachlich und zügig. „Du solltest bitte deinen Dienst morgen absagen, kannst du das?“

„Ja, Herr, natürlich“, kam ihre Antwort prompt und freundlich. Sie reagierte nie eilfertig, aber fast immer so, wie er es sehen wollte an ihr. Das schmückte sie in seinen Augen ungemein. Er liebte diese ruhige innere Geschlossenheit, die sie ausstrahlte.

„Bleibe bitte am Handy“, fuhr er mit leiser Stimme fort. „es kann sein, dass du mir helfen kommen musst, dann bringe bitte deine Tasche mit, sei so lieb. Ich bin dir ganz nahe, spätestens heute Nacht bin ich bei dir, Liebes.“ Er ballte dabei unwillkürlich seine Faust, mit der er eben zugeschlagen hatte, unwillkürlich mit voller Schlagkraft aus der Schulter. Er hatte es nicht auf einen Kampf ankommen lassen wollen, deswegen war unter seinen präzisen Hieben die Haut auf seiner Hand aufgeschürft und seine Handwurzelknochen schmerzten. Aber andererseits war er auch wieder gottfroh, dass er diesen blöden, verdammten Kerl jetzt nicht bewusstlos hier liegen hatte, hier hätte er ihn nun gar nicht mehr brauchen können, er hätte jetzt nur Umstände mit ihm gehabt. Nach seinem Empfinden hatte er das für die Frau nach Männerart geregelt, der Kerl hatte sie überfallen und trug sich jetzt mit einer Gehirnerschütterung und lockeren Zähnen durch seine Schläge herum. Das, so fand er, war ausreichend als Strafe und auch als Denkzettel.

„Gut, Herr“, hörte er derweil Chillys Stimme durch das Handy kommen. Sie war eine erfahrene, patente Ärztin, sie hatte sehr schnell erfasst, was er wie von ihr erwartet hatte und verhielt sich danach, wie auch jetzt. Er hätte sich jederzeit bei ihr unter das Messer gelegt…. Aber seine Gedanken schweiften schon wieder ab, hin zu ihr. Hinter ihm lag die junge Frau, er konnte ihren schnellen, leisen Atem hören, er musste sich um sie kümmern, und zwar sofort.

„Bis gleich, Liebes“, verabschiedete er seine frei lebende Frau und ließ auch jetzt sein Bedauern, nicht bei ihr sein zu können, nicht durch seine Stimme durchklingen. Sie wusste das, sie brauchte keine Bestätigung von ihm. Er legte auf und drehte sich zurück ins Zimmer.

Ein kontroverses Thema, 2

Zu meinem vorherigen Post ein paar Anmerkungen und Gedanken von Mike Stone, den ich ja schon mit Begründung hier verlinkt habe. Dazu bleibt mir gar nicht viel zu sagen, das sehe ich genauso, außer, dass ich mich für diese Antwort herzlich bedanke und dass ich möchte, dass ihr das alle lest. Deswegen, lest bitte selber.

Mike Stone (kojotenhoehle.blogspot.de)

Ein guter Beitrag zu einem kontroversen Thema.
Ich muss allerdings auch sagen, dass für mich die Gedanken in einer Geschichte immer frei sind. Ich runzle auch die Stirn, wenn ich den Eindruck bekomme, dass da eine menschenverachtende Einstellung des Autors in den Handlungen von Charakteren durchschimmert. Aber manchmal ist genau das irgendwie Absicht, um zu polarisieren. Ob oder ob nicht der Mensch, der es geschrieben hat, auch wirklich ein Arschloch ist, lässt sich letztlich nur von Angesicht zu Angesicht herausfinden. Weil man dann in den Augen die Wahrheit ablesen kann.

Als Autor reizen mich Extremsituationen aufgrund der Effekte, die sie auf die Beteiligten haben. Ohne die Geschichte zu kennen, die du hier als Beispiel heranziehst, wäre eine Introspektive der betroffenen Frau dabei sicherlich nicht uninteressant. Eine Schilderung aus seiner Sicht hingegen nur, wenn sie ein Spotlight auf inneren Konflikt oder aber psychologische Abweichungen von der Norm in seiner Persönlichkeit wirft.
Zugegebenermaßen ist das meistens nicht der Fall und viele Erniedrigungsgeschichten sind einfach nur Fantasien von Leuten, die damit ausleben, was sie real (glücklicherweise) nicht umsetzen können. Oder – seltener – nicht umsetzen würden, weil sie wissen, wie falsch es ist. Was für mich dann wieder bedeutet, dass ihre Fantasie ein Ventil darstellt. Und das unterstütze ich dann schon wieder, auch wenn ich es nicht lesenswert finde.

So oder so…
Ich kann deine Wut verstehen. Und auch ein gewisses Unverständnis. Aber ich habe eben auch die Erfahrung gemacht, dass es erstaunlich viele Leute gibt, die sich gerne in der Fantasie in irgendwelche Opferrollen versetzt sehen und das irgendwie genießen. Und damit haben dann auch solche Geschichten ihre Rechtfertigung.
Oder um es deutlicher zu sagen: Wenn ich persönlich eine Vergewaltigungsgeschichte schreibe, dann nicht für die Männer, die glauben, sie würden gerne mal einer Frau Gewalt antun, sondern für die Frauen, die sich ganz insgeheim und selten mal dieser ‘verbotenen’ Fantasie hingeben. Ganz allein im stillen Kämmerlein und ohne jemals jemandem davon zu erzählen.
Und ich glaube, dass man derartige Intentionen den Geschichten auch entnehmen kann, wenn man genau hinsieht. Weswegen das nicht im Gegensatz zu deinen Aussagen stehen soll, sondern als Ergänzung.

liebe Grüße
Mike
(aka Coyote) ;-)

Ja, ich habe dieses Thema tatsächlich nur auf meine Art, zu schreiben, bezogen und die Geschichte dazu nur erwähnt, um zu erklären, wie ich zu dieser Assoziation gerade auf den vorherigen Kommentar überhaupt gekommen bin. Grundsätzlich wollte ich dazu eigentlich nur sagen, dass man in meinen Geschichten so etwas ganz sicher vergeblich suchen wird. Natürlich bewege ich mich auch immer schriftstellerisch an Grenzwerterfahrungen entlang, Extremsituationen, die mich wegen ihrer Konsequenz gerade so fesseln. Man könnte sich nur mal überlegen, wie viele ganz normale Alltagshandlungen bei jedem der Leser hier jeden Tag entweder von Liebe oder von Macht bestimmt sind, wenn man da einen genauen Maßstab anlegen würde, dann bin ich mir sicher, dass die Handlungen, die auf Machtstrukturen beruhen, sogar noch in der Überzahl sind gegenüber denen, die auf Liebe beruhen. Ein Grund für mich, solche Strukturen in meiner Phantasie auf die Spitze zu treiben, und wenn ich etwas auf die Spitze treibe, dann tue ich das auch, und das ohne dabei echte Foltermethoden zu bemühen, so etwas liegt mir auch nicht. Und gerade dann wird es für mich sehr wichtig, das einmal ausgesprochen zu haben, dass bei all dem, was ich so schon beschrieben habe und noch beschreiben werde, für mich kein Unterschied in der Wertigkeit der beteiligten Menschen besteht. Das Zufügen von Schmerzen, by the way, und die Definition von Liebe sind für mich da noch einmal ganz andere Kapitel.

Was konsequente schriftstellerische Beschreibung von Grenzwerterfahrungen angeht, lieber Mike, da bist du in meinen Augen eines der besten Beispiele dafür. Ich empfehle allen Lesern, mal deine Geschichte „Geschwisterliebe“ über Inzest zu lesen. Da beschreibst du das dermaßen auf den Punkt gebracht, pointiert und mit feinem Sprachwitz, dass sogar jemand wie ich, der mit diesem Thema eigentlich gar nichts zu schaffen hat, das wirklich hervorragend nachvollziehen konnte. Du hast mich in dieses Thema sozusagen hinein getragen. Nichts anderes versuche ich in meinen Geschichten, und da ist mir dieser Punkt eben enorm wichtig.

Davon ab mag ich die Geschichte, die mich so geärgert hat, hier nicht genau benennen, das wäre kein feiner Zug, wenn auch höchstwahrscheinlich für alle Leser hochinteressant. Ich kann dazu an dieser Stelle nur sagen, dass ich so etwas so niemals ausformulieren würde. Ich schicke dir aber nachher noch eine Mail, ich denke, dann wirst du verstehen, was mich daran genau regelrecht in Harnisch gebracht hat. Natürlich beurteile ich deswegen aber niemanden, der genau diese Geschichte gut findet, das versteht sich von selber. Gerade das Gebiet der erotischen Geschichten ist ja ein wirklich extrem breit gefächertes, da findet man ja wirklich alles, wenn man nur lange genug liest. Und ich behaupte einfach mal, dass gerade die Erotik sich in fast jedem Menschen auch bis in Extremvorstellungen hinein bewegt, wenn er das denn zuläßt, bei jedem eben auch anders. Und davor wegzulaufen oder die Augen zu verschließen macht in meinen Augen keinen Sinn! In diesem Sinne 🙂

Liebe Grüße an alle von eurem Matt!